«Es ist eindrücklich, was die Babys schon mitteilen können»

Interview: Eva Hediger Fotos: Jasmin Frei

Zürcher*innen mit besonderen Berufen: Christine Bliven unterrichtet Babyzeichensprache. Diese soll die Kommunikation mit den Allerkleinsten fördern – und möglichst viele Trotzanfälle vermeiden.

Anders als im englischsprachigen Raum ist die Babyzeichensprache hier noch kaum bekannt. Wie hast du sie entdeckt?

Ich habe lange Zeit in den USA gelebt. Dort habe ich eine Weile als Nanny für einen autistischen Jungen gearbeitet. Er konnte nicht sprechen. Deshalb habe ich einige amerikanische Zeichen gelernt. Später haben mein Mann und ich einen Kurs in Zeichensprache absolviert.

«Baby können schon mit etwa acht Monaten die ersten Zeichen.»

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Und jetzt verwendest du die Zeichen bei deinen Kindern?

Ja. Als mein Sohn auf die Welt kam, habe ich angefangen, auch die Zeichensprache zu verwenden. Nach einiger Weile hat er die Handzeichen – stark vereinfacht – selbst verwendet. Es ist wie beim Sprechenlernen: Am Anfang ahmen die Kinder die Worte ja auch erst nach und können sie noch nicht präzise nachsprechen. Deswegen ist es aber natürlich nicht falsch.

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Du gibst jetzt auch Kurse. Wie viele Zeichen übst du mit den Familien?

Der Kurs dauert vier Wochen. In dieser Zeit zeige ich etwa siebzig Zeichen. Am Anfang geht es ums Essen. Später kommen zum Beispiel Farben und Fahrzeuge dazu. Aber natürlich gehe ich auch auf die Bedürfnisse der einzelnen Familien ein.

Wie lange dauert es, bis die Babys die Zeichen können?

Das hängt natürlich davon ab, wie oft man diese zeigt und wann man damit beginnt. Meiner Erfahrung nach können Babys schon mit etwa acht Monaten die ersten Zeichen – zum Beispiel jenes für Milch. In diesem Alter beginnen sie ja oft auch, bewusst auf Dinge zu zeigen.

Und wie lange setzen die Kinder die Zeichensprache ein?

Meine Jüngste ist im November zwei Jahre alt geworden. Sie spricht schon etwas, verwendet aber auch noch häufig die Zeichen. Zum Beispiel, wenn sie etwas sucht. Wenn sie manchmal noch undeutlich spricht, verstehe ich sie dank den Zeichen besser. Meine beiden älteren Kinder verwenden die Zeichensprache nicht mehr. Trotzdem lohnt sich ein Kurs auch für ältere Kinder: Es macht ihnen Spass, die Zeichensprache zu lernen. Oft sind sie sogar schneller darin als die Erwachsenen.

«Ohne die Zeichensprache hätte dieser Austausch nie stattgefunden.»

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Kritiker*innen halten die Babyzeichensprache für unnötig – ein Kleinkind könne sich auch ohne diese mitteilen – durch Weinen und Mimik.

Ja, Kinder finden immer einen Weg, zu kommunizieren. Aber es ist halt einfach schön, wenn sie nicht erst zwanzig Minuten lang weinen müssen, bis man als Elternteil merkt, was sie eigentlich wollen. Und manchmal ist es einfach auch eindrücklich, was die Babys schon mitteilen können.

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«Es ist halt einfach schön, wenn Kinder nicht erst zwanzig Minuten lang weinen müssen.»

Hast du ein Beispiel?

Das Zeichen für Stillen konnte meine Tochter schon sehr früh – und sie verwendet es immer noch. Das finde ich schön. Was mir auch geblieben ist: Als sie noch ganz klein war, zeigte sie mir das Zeichen für Katze. Und tatsächlich war unser Büsi ganz in der Nähe. Ohne die Zeichensprache hätte dieser Austausch nie stattgefunden.

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Und was für Feedbacks erhältst du von den Eltern?

Von vielen höre ich nichts mehr. Einige schicken mir aber Videos – und sind begeistert, dass die Kleinen die Zeichen wirklich gebrauchen. Die meisten sehen die Zeichensprache einfach als Bonus – als etwas, das Spass macht und sie mit ihren Kindern verbindet.

Infos
Mehr Infos über die Kurse von Christine findest du hier.