Menschen & Leben | Besondere Berufe

«Aus den Händen lese ich Charakterzüge ab»

Zürcher:innen mit besonderen Berufen: Monika Hauser bezeichnet sich als Handanalystin. Sie liest Hände und Finger und gibt Ratschläge in schwierigen Lebensphasen. Ein Gespräch über den Vorwurf der Scharlatanerie, ihre Ausbildung und was sie an ihrer Arbeit liebt.

Monika, du bezeichnest dich selbst als Handanalystin. Was kann man darunter verstehen?

Ich mache psychosoziale Beratungen, vor allem mit der sogenannten Handanalyse: Aus den Händen und Fingern von Leuten lese ich gewisse Charakterzüge und Talente ab.

In Filmen und Büchern sagen Handleser*innen gerne mal die Zukunft voraus. Machst du das auch?

Nein, ich mache keine Zukunftsprognosen. Ich kann nicht vorhersagen, wie alt jemand wird oder ob er krank wird. Die Menschen kommen vor allem zu mir, weil sie eine Standortbestimmung machen möchten. Sie fühlen sich in ihrer jetzigen Lebensphase vielleicht unzufrieden, unglücklich oder verloren. Zusammen schauen wir, auf welche Persönlichkeitsstrukturen die Hände und Finger hindeuten. Das kann den Menschen helfen, aus alten Mustern auszubrechen und einen neuen Weg einzuschlagen.

«Ich kann nicht vorhersagen, wie alt jemand wird.»

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Wie kann man sich eine solche Analyse vorstellen?

Bei der Sitzung nehme ich zuerst einen Abdruck der Handflächen. Auf dem Abdruck lassen sich nämlich gewisse Linien und Züge leichter erkennen. Daraus schliesse ich auf gewisse Fähigkeiten und Charakterzüge. Mit einer Lupe begutachte ich auch die einzelnen Finger. Die Finger – die ja von Mensch zu Mensch komplett unterschiedlich sind – geben eher Einblick in das Unterbewusstsein der jeweiligen Person.

Viele Leute sind mehr als skeptisch solchen Berufen gegenüber und sprechen von Scharlatanerie. Wie reagierst du auf solche Kritik?

Mir macht das wenig aus. Und ja, es stimmt: Auf diesem Gebiet gibt es ganz klar Scharlatane und Betrüger*innen. Dennoch ist und bleibt die Handanalyse für mich eine Erfahrungswissenschaft. Ich bin überzeugt von der wissenschaftlichen Grundlage meiner Arbeit.

«Viele sind richtig erstaunt darüber, wie seriös alles abläuft.»

Welche Art von Menschen gehört zu deinen Kund*innen?

Das ist sehr bunt gemischt. Viele sind offen für spirituelle Themen, andere hingegen haben mit solchen Sachen gar nichts am Hut. Sie wollen eine Handanalyse einfach mal ausprobieren.

Wie reagieren Letztere auf deine Aussagen?

Meistens sind sie richtig erstaunt darüber, wie seriös alles abläuft und wie zutreffend solche Analysen sein können. Vor allem bei Firmenevents merke ich das sehr häufig. Da bin ich zum Beispiel in einem Raum voller Bankangestellter und am Anfang will keiner so recht, dass ich aus seinen Händen lese. Und am Ende des Abends stehen die Leute dann oft Schlange, um mehr über sich zu erfahren.

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Was wollen die Leute von dir wissen?

Ganz wichtig sind Fragen zum Thema Beruf und Beziehung. Bin ich im richtigen Job? Was sind meine Talente? Warum suche ich mir immer die falschen Partner*innen? Passt dieser Mensch zu mir?

Wie wird man Handanalyst*in?

Ich habe dafür jahrelang Kurse und Schulungen besucht und bei Richard Unger, einem Handanalytiker aus den USA, gelernt. Insgesamt hat die Ausbildung bis zum Master der Handanalyse drei Jahre gedauert.

Warum hast du dich für diesen – doch sehr speziellen – Beruf entschieden?

Das Thema hat mich einfach gefesselt. Ich wollte mehr und mehr darüber lernen. Ausserdem glaube ich, dass es für jeden einzelnen Menschen wichtig ist, sich selbst besser kennenzulernen. Wenn jeder Mensch tatsächlich das machen würde, was ihn auszeichnet und was ihn glücklich macht, dann würde es auch unserer Welt viel besser gehen. Davon bin ich überzeugt.

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«Das kann Menschen helfen, aus alten Mustern auszubrechen.»

Was ist das Schönste an deinem Beruf?

Ganz klar der Kontakt mit den Menschen. Ich kann mit meinen Kund*innen über Themen sprechen, die ich wichtig finde. Über das Leben und Gefühlswelten zu philosophieren, anstatt Zahlen und Tabellen auf einem Laptop studieren zu müssen, macht mich sehr glücklich. Schliesslich sind das die wichtigsten Aspekte im Leben: Beziehungen und Gefühle.

Und was stört dich an deiner Arbeit?

Frustrierend kann manchmal sein, dass wenn man bei Menschen grosses Potenzial erkennt, sie aber den Mut nicht aufbringen, dieses Potenzial auch zu nutzen.

Wieso nicht?

Sie haben Angst, aus alten Mustern auszubrechen, oder bringen die Energie dafür nicht auf. Das zu sehen, kann runterziehen.

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Du gibst mittlerweile selbst Kurse und veranstaltest Schulungen zum Thema Handanalyse.

Genau. Vor Kurzem haben wir ausserdem einen Berufsverband der Handanalyst*innen gegründet. Dort bin ich Präsidentin. Mit dem Verband wollen wir unserer Arbeit ein Qualitätssiegel geben. Personen, die diese Arbeit machen wollen, müssen einen gewissen Hintergrund haben und bestimmte Ausbildungen vorweisen können.

Was ist die wichtigste Eigenschaft in deinem Beruf?

Wie so oft ist Kommunikation das A und O. Die Menschen nehmen sich das, was ich sage, zu Herzen und vertrauen auf meine Aussagen. Das ist eine enorme Verantwortung. Deshalb muss man die eigenen Worte behutsam wählen. Auch aus diesem Grund mache ich keine Zukunftsdeutungen – das wäre unverantwortlich. Ich blicke nur auf die Persönlichkeit des jeweiligen Menschen und schaue, welche Züge er mitbringt. Hierbei muss ich aber gleichzeitig aufpassen, dass ich diesem Menschen keine Persönlichkeit überstülpe oder ihn in eine bestimmte Schublade stecke. Dafür braucht es Fingerspitzengefühl.