Im Fokus

Zürich-Fotograf und Lichtkünstler Cemil Erkoç

Ihre Fotos von Zürich gehen auf Social Media um die Welt. Wer sind diese Fotografen? Was treibt sie an? In unserer neuen Serie drehen wir die Kamera um. Heute im Fokus: Lichtkünstler und Nachtfotograf Cemil Erkoç, der seinen Job bei der Bank erst letztes Jahr definitiv an den Nagel hängte.

Das erste Mal ist mir Cemil Erkoç auf Instagram begegnet. Seine romantischen Fotos der Stadt Zürich fallen sofort auf – und werden tausendfach gelikt. Andere Follower sind weniger begeistert: Sie sind der Meinung, dass der 32-jährige Zürcher seine Fotos zu stark bearbeite. «Kitsch», «Fake» oder «Bitte keine solchen Fotos» ist in den Kommentaren zu lesen. «Damit muss man halt leben», sagt Cemil. Überhaupt spiele sich sein Fotografenleben nicht nur auf Instagram ab.

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Cemil für einmal vor der Kamera – fotografiert von @35waves

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Wir haben Cemil Erkoç auf die Redaktion eingeladen und mit ihm über die Bedeutung von Social Media, die hohe Fotografendichte in Zürich, bearbeitete Bilder und Lightpainting gesprochen.

Deine Fotos von Zürich erreichen auf Instagram und Facebook jede Woche Tausende von Menschen. Wie wichtig ist das für dich als Fotograf überhaupt?

Mit den Zürich-Fotos verdiene ich kein Geld, das ist ein langjähriges Hobby von mir. Mich freut es aber, dass die Fotos so gut ankommen. Und Instagram ist vor allem eine gute Plattform, um Kontakte zu knüpfen. So habe ich schon den ein oder anderen Auftrag bekommen – etwa vom Zauberwald Lenzerheide, vom Hotel Central Plaza oder vom Lichtfestival Illuminarium beim Landesmuseum.

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Nicht alle Fotografen können von ihrem Beruf leben. Wie sieht das bei dir aus?

Bis im vergangenen Frühling war ich Kundenberater bei einer Grossbank. Alles auf die Karte Fotografie zu setzen, war tatsächlich ein grosses Risiko. Mittlerweile komme ich knapp über die Runden. Gewisse Abstriche muss ich aber machen: Ich wohne zum Beispiel wieder bei meiner Mutter. Und eigentlich wollte ich noch reisen gehen, aber das habe ich aufgeschoben.

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Man sagt, dass es nirgendwo mehr Fotografen gibt als in Zürich. Stimmt das?

Dieses Gefühl habe ich auch. Jeder kennt in seinem Umfeld jemanden, der weiss, wie man eine Kamera bedient. Viele semiprofessionelle Fotografen shooten für ein Trinkgeld oder sogar gratis – vor allem in den Bereichen Porträt- und Produktfotografie. Das macht es natürlich nicht einfacher. Aber talentierte Fotografen, die ihre Nische finden, werden sich durchsetzen.

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Hast du einen konkreten Plan?

Nein, ich bin zufrieden, wie es läuft. Natürlich gehören eine gewisse Beharrlichkeit und Social-Media-Präsenz dazu. Ich will mich aber auch nicht zu sehr verkrampfen. Wichtig ist für mich, dass ich nebenbei Zeit für Nachtfotografie und Lichtkunst habe. Auch wenn das kein Geld einbringt, muss ich in der Nacht einfach raus. Es ist wie eine Sucht. Andererseits bin ich auf Social Media genau für diese Fotos bekannt. Da muss man auch liefern (lacht).

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Du machst in der Nacht unter anderem sogenanntes Lightpainting. Wie funktioniert das?

Ich zeichne mit angezündeter Stahlwolle oder einer Taschenlampe Formen. Das braucht viel Übung, ein Stativ und eine lange Belichtungszeit. Die Fotos wecken Interesse: Ich werde immer wieder gefragt, wie das funktioniert. Zu diesem Thema würde ich gerne bald mal einen Workshop anbieten.

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Viele deiner Bilder auf Instagram sind stark bearbeitet, teilweise sogar etwas kitschig. Muss das sein?

Wenn ich alte Fotos von mir anschaue, denke ich manchmal selber: «Mmhh, das ist jetzt doch eher farbig geraten.» Andererseits haben meine Fotos einen hohen Wiedererkennungswert. Ich bereite sie für Instagram mit Absicht so auf. Zudem experimentiere ich gerne. Es gibt Fotografen, die schon fünf Mal zum Matterhorn gefahren, aber ohne ein einziges Bild wiedergekommen sind, weil das Wetter nicht mitgemacht hat. Ich hätte zum Beispiel einfach mit Photoshop den Himmel ausgetauscht und das Bild dennoch publiziert. Manchmal braucht es etwas Pragmatismus.

An welchem Ort in Zürich fotografierst du am liebsten?

Ein Tourist könnte das nicht besser beantworten (lacht). Mich zieht es immer wieder ans Limmatquai. Die Kombination von Wasser mit den Brücken, dem Himmel und den alten Häusern hat es mir angetan.

Als Nächstes wollen wir den Zürich-Fotografen Jürg Lauber vorstellen. Möchtest du ihm eine Frage stellen?

Wie ich weiss, fotografiert Jürg mit einer Sony-Systemkamera. Mich interessiert, ob ihm der Wechsel von der analogen zur digitalen Fotografie schwergefallen ist – und warum er sich dafür entschieden hat.

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Name: Cemil Erkoç
Geboren: 1986
Aus: Zürich-Affoltern
Fotograf seit: 2016
Kamera: Canon 5d IV
Objektiv: Tamron
Instagram