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«Wir arbeiten nur mit Schweizer Näherinnen zusammen»

Interview: Eva Hediger

Das neue Zürcher Kleiderlabel «Diffair» macht Mode, die sozial und ökologisch ist. Mitgründerin Valentina Zingg hat mit uns über geschlechterneutrale Kleider und Kompost gesprochen.

Eure Kleider werden nachhaltig und fair in der Schweiz produziert. Trotzdem sind sie nicht teurer als Stücke von kommerziellen Labels. Wie habt ihr das geschafft? 

Es war natürlich schwierig. Wir haben aber sehr tiefe Margen, deshalb sind wir vor allem für Designermode relativ günstig. Wir hoffen, dass sich auf diese Weise mehr Leute Diffair leisten können und wir so mehr Umsatz generieren. Ausserdem haben wir kein Lager – wir produzieren die Kleider auf Bestellung. So haben wir keine überschüssige Ware und im Vorfeld tiefere Kosten.

Auf eurer Internetseite listet ihr genau auf, wer wie viel an euren Kleidungsstücken verdient. Ihr bezahlt der Schneiderin beispielsweise pro Shirt 40 Franken.

Uns ist die Kostentransparenz total wichtig. Die Textilindustrie beutet die Umwelt und Arbeitskräfte häufig aus. Oft weiss aber der Endkonsument gar nicht, unter welchen Umständen das jeweilige Kleidungsstück produziert wurde. Wir glauben, dass viel mehr Leute Fair Fashion kaufen würden, wenn sie mehr über die Industrie wüssten. Zum Beispiel wie viel Geld ins Marketing fliesst und wie wenig die Näherinnen im Ausland erhalten. Wir arbeiten ausschliesslich mit Schweizer Schneiderinnen und Nähateliers zusammen. Die haben einen gewissen Stundenlohn. Auf dessen Basis haben wir den Lohn für das jeweilige Modell berechnet. An einem T-Shirt näht man unter einer Stunde.

Das Ziel ist es, wieder lokal zu produzieren.

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Wieso habt ihr euch entschieden, die Kleider in der Schweiz zu produzieren?

Hier gibt es eine traditionsreiche Textilvergangenheit. Gerade die Ostschweizer Textilindustrie war weltbekannt – denken wir mal an die einst direkte Zugverbindung von St. Gallen nach Paris! Noch heute gibt es viele hervorragende Schulen und Talente, jedoch kaum mehr Arbeitsplätze. Viele Modedesigner müssen sich nach ihrem Abschluss mit schlecht bezahlten Praktika durchschlagen. Viele finden auch gar keine Stelle und müssen den erlernten Beruf wechseln. Das wollen wir ändern.

Wie denn?

Das Ziel ist es, wieder lokal zu produzieren. Um dies zu fördern, bringen wir im Jahr zwei Kollektionen heraus, die jeweils von zwei verschiedenen Designern gestaltet werden: Einer entwirft die Kleider für Frauen und Männer, der andere kreiert die Genderless-Kollektion. Diese wird etwas extravaganter sein und vermutlich hochpreisiger. Wir möchten möglichst viele Menschen ansprechen – egal, welche Grösse oder welches Geschlecht sie haben.

Die Kleider sind so nachhaltig, dass man sie sogar kompostieren könnte.

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Bedeutet dies, dass der Stil von Diffair jede Saison komplett wechselt?

Es wird einige Basic-Stücke geben, die wir immer anbieten werden. Einen klaren Stil wird es vermutlich nicht geben. Die neuen Kollektionen sollen bloss immer minimalistisch und alltagstauglich sein. Sie müssen auch aus praktischen Gründen reduziert sein: So sind sie einfacher zu nähen und die Kosten bleiben deshalb tiefer.

Eure erste Kollektion hat die Designerin Esther Annen entworfen. Wie kommt sie an?

Sehr gut, die meisten sind ziemlich begeistert von der Mode. Natürlich gibt es ein paar Leute, denen die Farben nicht gefallen – vor allem das Kleid ist ja sehr knallig. Aber die Kollektion ist sehr durchdacht. Ein Kunstwerk!

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Valentina Zingg ist Mitgründerin von Diffair.

Du hast selbst Kunstgeschichte und englische Literatur studiert. Wieso hast du überhaupt ein Modelabel gegründet? 

Diffair entstand während eines Businesskurses an der Universität Zürich. Nachdem wir mit dem theoretischen Modell einen kleinen Preis gewonnen hatten, setzten wir es in die Praxis um. Wir haben dann erst mit der Schnittmacherin Susanne Hirt und Noga Hoerni, einer Absolventin der Schweizerischen Textilfachschule, zusammengearbeitet. Mir persönlich geht es vor allem um die Nachhaltigkeit und Transparenz.

Eure Kleider sind so nachhaltig, dass man sie sogar kompostieren könnte.

Ja, aber wir wünschen uns natürlich, dass unsere Kleidungsstücke lange getragen werden, bevor man sie aufgibt. Anstelle des Kompostierens schlagen wir ein Recycling-Programm vor, bei dem die Fasern wieder für die Herstellung neuer Stoffe eingesetzt werden. Wir verzichten auf Polyester, weil bei jedem Waschgang Mikrofasern in die Umwelt gelangen. Das ist vielen gar nicht bewusst.

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Aus welchen Stoffen besteht denn eure Mode?

Wir verwenden ausschliesslich zertifizierte Stoffe, die aus Tencel oder 100 Prozent Baumwolle bestehen. Vor allem letztere sind selten zu finden. Die meisten Stoffe beinhalten wenige Prozente Elastan. Auch war es schwierig, nachhaltige und vegane Knöpfe zu finden. Unsere bestehen jetzt aus Steinnuss. Einzig den Reissverschluss muss man wegschneiden, bevor man die Hose rezykliert.

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Adresse

Schweizerische Textilfachschule
Hallwylstrasse 71
8004 Zürich

Infos

Die erste Kollektion von Diffair ist noch bis Donnerstag, 28. März, exklusiv auf Kickstarter erhältlich. Am 29. und 30. März stellt Diffair die Kleider an den STF Textile & Fashion Days aus. Diese finden an der Schweizerischen Textilfachschule statt.