Der vegane Burger, den man tatsächlich essen will
Aus der Wetziker Manufaktur des Kulinarikers Patrick Marxer kommt eine wirklich schmatzige Möglichkeit, pflanzlich zu dinieren: der Tempeh-Burger aus Bio-Linsen. Unser Gastro-Kolumnist Hans Georg «HG» Hildebrandt ist hin und weg.
Tempeh hat mich erstmals 2009 auf einer Reise nach Indonesien begeistert. Es ist ein Produkt aus gekochten Hülsenfrüchten (in Indonesien meistens Soja), die man mit den Sporen eines bestimmten Pilzes impft und anschliessend während etwa vier Tagen bei Tropentemperaturen von diesem Pilz über- und durchwachsen lässt.
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Das Ergebnis ist eine Art Bohnenriegel, der von den Fäden des Pilzmyzels zusammengehalten wird; man kann diesen Riegel in Scheiben schneiden, in Knoblauch und Ingwer marinieren und danach scharf anbraten.
Hier kennt Tempeh noch kaum jemand.
Tempeh entwickelt auf diese Weise einen angenehmen, saftigen Biss und einen vollen Umami-Geschmack. In Indonesien sind zahllose Klein- und Kleinstunternehmen mit der Produktion von Tempeh beschäftigt, hier bei uns ist es aus klimatischen Gründen komplizierter. Entsprechend ist Tempeh ausserhalb der Vegan-Szene kaum bekannt.
Wer ihn kennt, weiss übrigens auch, dass die Hülsenfrüchte dank der Pilzbehandlung besser verdaulich sind. Und tatsächlich macht man Tempeh mittlerweile längst auch aus Lupinen, Kichererbsen und was der Leguminosen mehr sind.
Patrick Marxer von der Kulinarik-Manufaktur Das Pure offerierte im Rahmen von Food Zurich ’21 erstmals einen Burger aus Tempeh-Scheiben am Stand von Sudelnuppe beim Festival-Hub in der Europa-Allee. Und dieser Burger schmeckte mir richtig gut – besonders im Gegensatz zu Tempeh aus dem Supermarkt, den man pasteurisiert im Plastikbeutel kaufen kann. Marxer hat über viele Monate hinweg die Herstellung eines geniessbaren Tempeh erforscht und kann ihn dank umfassendem Wissen und neu eingekauften Geräten nun in stabiler Qualität herstellen. Das ist eine Kunst, denn im Gegensatz zu Indonesien herrschen bei uns bekanntlich weder vergleichbare Temperaturen noch stimmt die Feuchtigkeit in unseren Räumen. Der Pilz, der die gekochten Hülsenfrüchte so lecker macht, verlangt aber nach genau diesen Bedingungen. Auch ich habe im vergangenen Sommer damit experimentiert und musste bald einräumen, dass mir die Zeit und der Platz fehlen würden, um ernsthaft mit einer Produktion zu beginnen; es hätte nicht mal für den Eigenbedarf gereicht.
Wir wollen Umami.
Den marxerschen Tempeh-Bratling gibt es nun als sogenannten Gessi-Burger in der Riithalle, die bekanntlich letzten Sommer von einem neuen Team übernommen wurde, das dem Cluster Rosengarten Hottingen / Jdaburg / Huusbeiz entstammt (das frühere Riithalle-Team ist jetzt im Bistro des Kinos RiffRaff tätig und man hört Gutes). Das Lokal ist auch im Winter sehr stimmungsvoll. Ich habe dort Marxers Tempeh-Burger probiert und fand ihn wirklich toll. Der Linsen-Taler sieht lockerer aus, als er sich im Mund tatsächlich anfühlt, er hat einen hervorragend angenehmen Biss und ist gleichzeitig überaus saftig, weil Produzent Patrick Marxer die behandelten Hülsenfrüchte noch in einem Nebenprodukt seiner Sojasaucen-Herstellung mariniert. Für seinen Tempeh verwendet er Schweizer Linsen aus biologischer Produktion. Gleich nach dem Abschluss der Pilzbehandlung werden die Batzen tiefgekühlt und bleiben das auch bis zur Zubereitung im Lokal. Marxer stellt übrigens auch veganes Garum her (eine fermentierte Würzsauce) – ein Besuch auf seiner Webseite lohnt sich sehr für alle, die sich für Umami interessieren.
Burger geht gut ohne Tier.
Der Gessi-Burger wird in einem veganen Bun gereicht, darin gibt’s ein Kürbis-Chutney sowie eine vegane Kräuter-Mayo plus Sprossen. Beilage sind Süsskartoffel-Frites. Das kleine Problem an dem Gericht: Es schlägt mit satten 34 Franken zu Buche. Für einen schnell verspiesenen Lunch taugt es also eher weniger – wer hingegen abends zum Essen ausgeht und dabei abseits der veganen Elite-Spots (wie Marktküche, Kle, Dar, Roots, Dapur Indonesia) völlig pflanzenbasiert speisen möchte, hat mit diesem Burger eine äusserst befriedigende Option. Und tatsächlich finde ich gerade beim Burger den Einsatz von Fleisch in aller Regel vollkommen unnötig: Gastro-Burger wollen ja vorab nur mal den Mund mit einer Lawine von unterschiedlichen Aromen und Texturen überschwemmen, damit das Verspeisen des letztlich immer noch zu umfangreichen Gerichts nicht vorzeitig langweilig wird. Weil man dazu aus Texturgründen zwingend noch etwas Knuspriges (nämlich fettige Fritten) braucht, hat man am Ende viel zu viele Kalorien im Magen, aber das Fleisch hat dabei nur eine kleine Nebenrolle gespielt (es gibt Ausnahmen wie Burgermeister Brooklyn). Für meinen Speiseplan finde ich es sinnvoller, Fleisch dann zu essen, wenn ich seinen Geschmack wirklich wahrnehmen kann, also zum Beispiel über Stunden geschmort oder als Entrecôte. Das ist aber eine andere Story, die man bald hier wird lesen können.
Adresse
Riithalle
Gessneralle 8
8001 Zürich
Website
Mehr Infos über Das Pure.