Wie geht’s, Schönbi?
Kein Interview, das auf die immergleichen Antworten abzielt, sondern ein Gespräch, das sich aus der simplen Frage «Wie geht’s?» entwickelt: In unserer neuen Interview-Serie lassen wir Promis und andere interessante Menschen für einmal selber bestimmen, worüber sie reden wollen. Dieses Mal mit dem Zürcher Ballzauberer Marco Schönbächler.
Eine ehemalige Industriehalle in Rüti, rund 40 Kilometer vom Stadion Letzigrund entfernt: Hier treffen wir Marco Schönbächler, den einstigen Stolz des FC Zürich. Während 19 Jahren gehörte er zum Inventar des Stadtklubs, schoss unzählige Tore, spielte unzählige Gegenspieler schwindlig. Dann folgte das abrupte Karriereende: 2021, just vor der Meistersaison, wurde er von einem Tag auf den anderen ausgemustert. Was macht der 34-Jährige heute? Eine Partie Padel-Tennis gibt Aufschluss.
«Ich bin vielbeschäftigt und glücklich. Ich habe den Schritt vom Profisport in die Privatwirtschaft geschafft.»
Marco, wie geht es dir?
Ich bin vielbeschäftigt und glücklich. Ich habe den Schritt vom Profisport in die Privatwirtschaft geschafft.
Dein Abgang beim FCZ vor drei Jahren war unfreiwillig.
Das war so. Ich hätte gern noch weitergespielt.
Wieso war das nicht möglich?
Das musst du Marinko Jurendić, den damaligen Sportchef, fragen. Er hat ohne mich geplant.
Ging es um Geld?
Nein, es ging überhaupt nicht um Geld. Mein Vertrag lief aus und ich habe lange gewartet, bis man sich mit mir an den Tisch gesetzt hat. Und als man es dann gemacht hat, hiess es schlicht und einfach, man plane jetzt anders – also ohne mich.
Mit dem Präsidenten und dem neuen Trainer André Breitenreiter hatte das nichts zu tun?
Das weiss ich nicht. Breitenreiter sagte mir, der Entscheid sei vor seiner Ankunft gefällt worden. Ich hielt mich ja dann ein Jahr in der U21 fit – und sah ihn immer wieder. Ein paar Monate später sagte er mir dann, er habe mich zurückholen wollen, aber das sei nicht bewilligt worden.
Aber hättest du nicht in die Challenge League oder ins Ausland wechseln können?
Ja, aber was will ich in Polen oder Tschechien? Zürich ist meine Heimat und ich habe hier seit 14 Jahren eine wunderbare Beziehung. Ich wollte das nicht alles aufs Spiel setzen, nur um noch ein, zwei Jahre im bezahlten Fussball zu bleiben.
Das muss eine harte Zeit gewesen sein.
Sicher, ja. Das nagt natürlich an einem. Das Positive war, dass ich relativ schnell einen Plan hatte. Die Idee mit der Padel-Halle entstand und wir haben uns dann voll darauf konzentriert. Ausserdem habe ich beim FC Urdorf in der 2. Liga angefangen. So konnte ich mir die Freude am Fussball bewahren. Oder vielleicht besser: zurückholen. Weil es da wirklich einfach nur um den Fussball geht und nicht um das ganze Drumherum. Du fragst mich jetzt sicher: Vermisst du es nicht, in Stadien zu spielen?
Vermisst du es nicht, in Stadien zu spielen?
(lacht) Nein, eigentlich gar nicht. Der Druck ist weg. Es geht jetzt nur noch ums Kicken. Wenn’s als Profi nicht so gut läuft, dann kann das sehr, sehr belastend sein.
Wir stehen hier im Padel Sports Club Rüti, in deiner Halle. Vorhin hast du hier die Leute begrüsst und an der Bar gearbeitet. Ist das deine Hauptbeschäftigung?
Es ist vor allem meine Leidenschaft. Ich arbeite extrem gern hier. Aber das mache ich im Moment nur noch zweimal die Woche – immer am Dienstag und am Wochenende. Seit Januar arbeite ich 70 Prozent in der Immobilienvermarktung.
«Wir haben in dieser Halle praktisch alles selbst gemacht: die Wandverkleidung, die Garderoben, die Sprinkleranlage, jedes Lämpli.»
Wie bist du darauf gekommen?
Ich habe verschiedene Praktika gemacht, unter anderem auch im PR und Marketing. Aber der Immobilienmarkt hat mich schon länger interessiert und der Job gefällt mir mega gut.
Wie gross war die Umstellung?
Gross! Die ersten paar Wochen war ich am Abend komplett ausgepumpt. So lange Präsenzzeiten, so lange am Schreibtisch sitzen, so wenig Bewegung – das kannte ich nicht. Aber die Lernkurve ist steil.
Bist du hier in Rüti eigentlich einfach das Aushängeschild oder steckt hier dein privates Geld drin?
Wie gesagt: Das ist unser Projekt, von A bis Z. Wir haben keine Investoren. Wir haben in dieser Halle praktisch alles selbst gemacht: die Wandverkleidung, die Garderoben, die Sprinkleranlage, jedes Lämpli.
«Ich bin noch nie mit schlechter Laune vom Platz gegangen.»
Was fasziniert dich an Padel-Tennis?
Die Dynamik und der Spass. Ich bin noch nie mit schlechter Laune vom Platz gegangen. Nach einer Stunde Padel zu viert stimmt für mich die Welt. Ausserdem kann ich auch da immer noch etwas lernen. Man braucht den Kopf, muss schnelle Entscheide fällen.
Wie wichtig ist der FC Zürich noch für Marco Schönbächler?
Immer noch wichtig, aber es wäre ja seltsam, wenn ich da nicht auch etwas Distanz gewonnen hätte.
«Wir trinken ein paar Bier und beschweren uns lauthals. Wie richtige Fans halt.»
Wann warst du das letzte Mal im Letzigrund?
Erst vor ein paar Wochen. Wir gehen jetzt immer mal wieder in die Südkurve, trinken ein paar Bier und beschweren uns lauthals. Wie richtige Fans halt.
Lustig. Trifft man da noch andere Ex-Spieler?
Più natürlich (David Da Costa, den ehemaligen Torhüter, Anm. d. Red.). Aber sonst keinen.
Die letzte Saison des FCZ hatte viele Ups and Downs. Und sie war geprägt von unterschiedlichen Trainern mit unterschiedlichen Spielauffassungen.
Ich liebe Fussball. Auch als Zuschauer. Aber seien wir ehrlich: In den letzten Monaten gab es nicht viel Spannendes zu sehen – mal abgesehen von Bledian Krasniqi.
Ein Plädoyer für die Ästheten?
Ja, natürlich. Ich glaube, man ist es den Zuschauern schuldig, dass man zumindest hin und wieder gern zuschaut. Mindestens zehn Minuten pro Spiel müssen doch ein Genuss sein. Die Leute beschweren sich über Neymar, aber geben wir es doch einfach zu: Solche Leute wollen wir am Ball sehen.
Oder einen Schönbi!
Kein Problem: Komm aufs Chlösterli nach Urdorf! (lacht)