«Es herrscht ein anderer Vibe als vor Corona»

Für einige ist Zürich eine Grossstadt, für andere ein Dorf. Was ist es für dich?

Ich kenne beide Seiten von Zürich. Ich merke, dass vor allem in Genossenschaftssiedlungen eine sehr familiäre Atmosphäre herrscht. Aber auch in anderen Häusern oder Quartieren ist das Bedürfnis nach Austausch und Kontakten gross. Doch es gibt auch Leute, die wegen der Anonymität nach Zürich ziehen.

Während des ersten Lockdowns erlebte die Nachbarschaftshilfe einen Boom. Wie gross ist die Hilfsbereitschaft heute?

Im Frühling 2020 hat die Zahl der Freiwilligen wirklich rapide zugenommen: Viele hatten Kurzarbeit und deshalb Zeit, anderen zu helfen. Doch auch wenn jetzt viele wieder regulär arbeiten, hat die Zahl der Helfer*innen kaum abgenommen. Dass die Solidarität noch so gross ist, freut uns natürlich. Es herrscht einfach ein anderer Vibe als vor der Pandemie.

Während des Lockdowns übernahmen viele das Einkaufen für ihre Nachbar*innen. Welche Hilfe bieten sie jetzt an?

Das ist ganz unterschiedlich. Einige giessen Blumen oder füttern während einer Ferienabwesenheit die Katze, andere übernehmen weiter Einkäufe oder helfen bei den Hausaufgaben. Das ist ja das Schöne an der Nachbarschaftshilfe: Es braucht keine bestimmten Skills und jede*r kann so unterstützen, wie er oder sie das möchte.

Am 20. Mai ist Tag der Nachbarn. Wie wird er am besten gefeiert?

Mit dem Tag der Nachbarn wollen wir die Leute motivieren, auf ihre Nachbar*innen zuzugehen – sei es, indem man einfach kurz Hallo sagt oder gar ein kleines Fest organisiert. Wir bieten gratis Mitmach-Kits an. Diese bestehen aus Plakaten, Einladungskarten, Girlanden und anderen Sachen, die man für eine Party braucht.

Was ist, wenn man Hemmungen hat?

Genau diese Hemmungen wollen wir abbauen! (lacht) Wer sich aber nicht getraut, ein Fest zu organisieren, kann wie gesagt einfach schnell bei seinen Nachbar*innen vorbeischauen. Ausserdem ist das ja alles auch vor und nach dem Tag der Nachbarn möglich: Uns geht es einfach darum, den Dialog zu fördern.

Wie verbringst du den Tag der Nachbarn?

Ich werde bei meinen Nachbarn kurz anklopfen. Ich kenne sie alle relativ gut, weil wir jedes Jahr ein Fest feiern. Das finde ich sehr schön. Besonders als ich neu im Haus war, konnte ich so alle kurz kennenlernen. Das hat meine Ankunft sehr erleichtert.

Infos
Am 20. Mai 2022 ist Tag der Nachbarn. Der Förderverein Nachbarschaftshilfe Zürich stellt kostenlose Kits für ein gelingendes Fest zur Verfügung. Diese können direkt über die Webseite bestellt werden.