Stadt & Geschichte | Bauten im Wandel

Zürichs verschwundene Kinos

Text: Ueli Abt Bilder: Baugeschichtliches Archiv, Bildarchiv Kino Apollo, Colosseum und ABC

Sie hiessen Colosseum, Radium, Rex oder Bellevue, doch diese ehemaligen Zürcher Kinos sind inzwischen längst verschwunden. Auch jenes, bei dem ein findiger Betreiber zur Promotion von Filmen internationale Stars nach Zürich brachte – lange vor dem Zurich Film Festival.

Trotz Netflix, YouTube und Grossbild-TV mit Dolby-Surround-Sound: Zürich ist und bleibt eine Kinostadt. Das Zurich Film Festival bringt internationale Stars auf den Sechseläutenplatz am Bellevue und beispielsweise den neuesten Bond als Premiere nach Zürich. Gemäss Bundesamt für Statistik gab es im Jahr 2020 in der Limmatstadt in 35 Kinos 70 Säle. Damit liegt Zürich an der Spitze der Schweizer Städte.

Erst 2017 öffnete das Kosmos-Kino seine Tore.

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Dass auch Unternehmer an die Zukunft des Kinos glauben, zeigt sich daran, dass sie mit Innovationen und Neueröffnungen ins Medium investieren. Erst 2017 öffnete das Kosmos-Kino an der Europaallee seine Tore. 2018 meldeten die Arena-Cinemas auf dem Sihlcity-Areal eine europaweite Premiere: Einer der Säle hatte einen LED-Kinobildschirm erhalten – im Prinzip ein gigantischer Fernseher anstelle von Leinwand und Projektor. Dies soll für mehr Brillanz und Schärfe bei weniger Stromverbrauch sorgen, hiess es damals.

Im Lauf der vergangenen Jahrzehnte verschwanden zahlreiche Kinos von der Bildfläche.

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Während in den letzten Jahren nur noch Multiplex-Kinos entstanden, Kinos also, die in mehreren Sälen verschiedene Filme parallel zeigen, sind die weniger ökonomisch zu betreibenden Ein-Saal-Kinos tendenziell auf dem Rückzug, auch wenn diese zunächst durch den Zusammenschluss in Ketten Synergien nutzen konnten. Im Lauf der vergangenen Jahrzehnte verschwanden zudem zahlreiche Kinos von der Bildfläche. An deren Stelle traten Restaurants, Läden, Cafés oder Büros.

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Verschwunden ist beispielsweise das Kino Bellevue. Es war lange Zeit ein eigentliches Familienkino, untergebracht in einem Häuserblock an der Ecke zwischen Limmatquai und Rämistrasse, unweit der Quaibrücke und gegenüber dem Riviera-Imbiss. Wo Kinder früher zu Biene Maya und Disney-Trickfilmen Popkorn mampften und Süssgetränke konsumierten, sind heute in einem klassischen Strassencafé Crèmeschnitten, Strudel und Törtchen im Angebot.

Zu den Kinos der ersten Stunde gehörte das Kino Radium.

Zu den Kinos der ersten Stunde gehörte das Kino Radium an der Mühlegasse in der Altstadt. Es existierte ab 1907. Das Kino wurde damals einfach in einem bestehenden Gebäude, einem Altstadthaus, eingerichtet. Heute befindet sich in dessen Erdgeschoss ein indisches Restaurant. Eine Schrift auf der Fassade verweist bis heute auf die Kino-Vergangenheit. Im Gegensatz dazu wurde das Colosseum in Zürich-Oerlikon eigens für die Kinematographie, wie man damals sagte, gebaut. 1912 war das der erste Kinobau auf dem heutigen Zürcher Stadtgebiet. Dementsprechend exotisch-orientalisch und somit kaum zürcherisch sieht das noch erhaltene kleine Gebäude aus, in dem sich mittlerweile eine Schule für Naturheilmethoden befindet. Entdecken werden es dennoch nur wenige – schliesslich liegt es gut versteckt in einem Hof, der von nahtlos aneinandergebauten Stadthäusern gebildet wird.

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Ein Riese war hingegen das Apollo an der Stauffacherstrasse unweit des Stauffacherplatzes: Lange Zeit war es mit seinen 2000 Plätzen in einem Saal das grösste Zürcher Kino. Auch dieses Gebäude wurde eigens 1928 als Kino gebaut. Ab den 1960er-Jahren verschaffte sein damaliger Besitzer und Betreiber Anton Eric Scotoni dem Kino zu seiner grössten Blüte. Viele Jahre vor der Erfindung des Zurich Film Festivals lud er internationale Stars wie Sean Connery, Elizabeth Taylor, Sophia Loren und Audrey Hepburn nach Zürich ein. Das sorgte für Glanz und Glamour.

A wie Apollo – oder Alba, Astoria, Arena.

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Wenig glamourös war allerdings das Ende des Apollo. Für das Gebäude wäre in den 1980er-Jahren ein Sanierungskonzept nötig geworden. Da sich die Eigentümer nicht mit der Stadt einigen konnten, verkauften sie das Gebäude an eine Bank. Diese schloss das Kino, riss das Gebäude 1988 ab und stellte stattdessen einen Bürokomplex hin. A wie Apollo – oder Alba, Astoria, Arena. Eine Zeit lang waren mit dem Buchstaben A beginnende Kinonamen richtiggehend en vogue. Dahinter stand Kalkül: Schliesslich informierten sich die Menschen im Vor-Internetzeitalter in gedruckten Zeitungen über das Filmangebot. Und auf der jeweiligen Seite waren die Kinos alphabetisch geordnet. Mit seinen Sälen am Anfang der Liste zu stehen, davon erhofften sich die Kinobetreiber Vorteile. So kam es, dass der Kinoname «ABC» später mit dem Namen «Abaton» im alphabetischen Rang noch überboten wurde.

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Ein verschwundenes Kino befand sich einst auch in der Halle des Hauptbahnhofs. Zur damaligen Zeit gab es so einige pavillonartige Bauten darin, in einem davon war das Kino Rex. Ein Umbau in den 1990er-Jahren räumte dann schliesslich die Halle frei. Im Lauf der Jahre hat die Halle übrigens inzwischen kurioserweise wieder einzelne Einbauten erhalten. In den Anfängen ab 1907 entstanden die ersten Kinos vor allem in der Altstadt und in Aussersihl, wie Autorenteams des Stadtarchivs und des Baugeschichtlichen Archivs 2007 in einem gründlichen Überblick zur Zürcher Kinogeschichte aufzeigten.

Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden weitere Kinos in den Quartieren.

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Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden weitere Kinos in den Quartieren, so etwa das Morgental in Wollishofen. 1942 wurde es eröffnet, genau 60 Jahre später im April 2002 geschlossen. Obwohl das Kino aus nur einem Saal mit circa 200 Sitzen bestand, spielten Medienberichten zufolge wirtschaftliche Gründe im Vorfeld nicht die Hauptrolle, sondern offenbar in erster Linie Streitigkeiten zwischen Eigentümern und den Betreibern im Zusammenhang mit Lärm- und Ruhestörungsklagen anderer Mieter. An der Morgentalstrasse 44 gibt es heute einen Kiosk und eine Apotheke. Aufs einstige Kino weist nichts mehr hin.