Menschen & Leben | Besondere Berufe

«Meine Hunde sind die besten Arbeitskollegen»

Zürcher*innen mit besonderen Berufen: Mirella Manser ist Spürhundeführerin. Zusammen mit ihren vierbeinigen Arbeitskollegen geht sie über Stock und Stein und rettet Igel vor Rasenmähern, Baggern und Traktoren. Wie wird man Spürhundeführerin, wie lange muss man seine Hunde trainieren, und was muss man unbedingt beachten, wenn man einen Igel findet?

Mirella, deine Arbeit und die deiner Hunde ist recht speziell. Was ist euer Beruf?

Ich bin Spürhundeführerin, und meine Hunde sind demnach Spürhunde. Es sind aber ganz normale Familienhunde mit einer Spezialausbildung, das heisst, dass wir zusammenleben und eben auch zusammenarbeiten.

Und was macht man als Spürhundeführerin?

Mit meinen Hunden suche ich Gebiete ab, die kurz vor der Rodung stehen – egal, ob Privatgärten, Schrebergartenareale oder Baugrund. Wir bergen dann die Igel, die sich dort eingenistet haben, damit sie nicht zu Schaden kommen und einen neuen Lebensraum erhalten.

«Manchmal muss man den Igel und seine Jungen viel weiter umsiedeln.»

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Was passiert, wenn du und deine Hunde einen Igel finden?

Das kommt ganz auf die Situation an. Ich bin im ständigen Austausch mit dem Igelzentrum Zürich. Die geben mir dann die Anweisungen, was ich tun muss. Das hängt zum Beispiel von der Jahreszeit ab, vom Geschlecht des Tieres, davon, ob es Junge hat oder nicht, ob es gerade Winterschlaf hält, und von vielem mehr. Ab und zu reicht es da schon, den Igel in Nachbars Garten zu bringen. Manchmal hingegen muss man vielleicht den Igel und seine Jungen viel weiter umsiedeln. Die Umsiedlung übernimmt dann das Igelzentrum Zürich.

«Ich habe nach Möglichkeiten gesucht, meinen Hund zu beschäftigen.»

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Wie wird man Spürhundeführerin respektive Spürhund?

Bei mir fing alles mit meinem ersten Hund Keno – einem braunen Labrador – an. 2010 kam er zu mir. Er war als Welpe recht lebendig und nicht so leicht zu handeln. Also habe ich im Internet nach Möglichkeiten gesucht, Keno zu beschäftigen. Im Hundezentrum Schwarzwald haben wir dann eine spezielle Abklärung gemacht und gemerkt, dass Keno nicht durch körperliche Anstrengung, sondern vielmehr durch Kopfarbeit gefordert werden muss.

Wie ging es weiter?

Wir haben mit sogenannter Nasenarbeit begonnen. Im Training lernte Keno verschiedene Suchtechniken. Weil er dabei so Freude hatte und auch ich davon begeistert war, dass er zum Beispiel innerhalb von ein paar Minuten einen winzigen Stofffetzen auf einem fussballfeldgrossen Areal finden konnte, habe ich beschlossen, mit Keno eine Spürhundeausbildung zu machen. Eines Tages habe ich dann von einem Schädling, dem Asiatischen Laubholzbockkäfer, gelesen – und davon, dass es die Idee gäbe, mit Spürhunden diesen Schädling ausfindig zu machen. Ich habe mich für einen Platz in der Ausbildung beworben und wurde zusammen mit Keno ausgewählt.

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Was kam dann?

Wir durften an einer speziellen Ausbildung in Österreich teilnehmen und wurden zu einem spezifizierten Spürhundeteam. Über ein Jahr lang arbeiteten wir in einer Schweizer Spürhundestaffel. Danach haben Keno und ich uns auf ein anderes Tier spezialisiert.

Ihr seid sozusagen auf den Igel gekommen?

Genau. Ich habe vom Igelzentrum Zürich erfahren und davon, dass man dort nach einem Nachfolger für dessen Spürhund sucht. Ich habe mich mit Keno gemeldet und durfte mehrere Monate mit Keno die neuen Suchbilder trainieren. Ich musste auch lernen, wie man richtig mit Igeln umgeht. Deshalb durften ein paar der stachligen Vierbeiner sogar bei mir im Garten überwintern.

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«Trainiert wird zuerst an Igelstacheln.»

Wie bringt man Hunden bei, nach Igeln zu suchen?

Der Hund hat das Stöbern natürlich irgendwie im Blut. Jedoch reicht das noch lange nicht, um die Arbeit meistern zu können. Der Hund muss lernen, systematisch ein Gebiet abzusuchen – nach den Anweisungen seines Hundeführers. Parallel dazu konditioniert man den Hund auf den Geruch des Igels und trainiert die Geruchsdifferenzierung. Der Hund lernt dabei, unter vielen Gerüchen nur den Igelgeruch anzuzeigen.

Klingt nach hartem Training.

Es ist intensiv, macht uns aber grossen Spass. Ich trainiere fast jeden Tag mit meinen Hunden. Das ist nicht nur zeit-, sondern auch kostenintensiv. Nebst der Geruchsdifferenzierung wird auch immer wieder trainiert, richtig anzuzeigen, wenn der Hund etwas gefunden hat. Trainiert wird zuerst an Igelstacheln. Der Hund bekommt eine Belohnung, wenn er die Stacheln findet und – zumindest bei meinen Hunden ist das so – sich hinsetzt und bellt.

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Wir haben nun über die Arbeit der Hunde gesprochen. Was musst du als Spürhundeführerin berücksichtigen?

Neben dem intensiven Training muss ich dafür sorgen, dass wir ein eingespieltes Team sind, dass der Hund problemlos mit mir zusammenarbeiten will. Wichtig ist, dass der Mensch lernt, den Hund und seine Köpersprache richtig zu lesen. Man muss verstehen, wie und wie lange man den Hund einsetzen kann.

Dein Hund Keno ist jetzt also 11 Jahre alt. Arbeitet er noch als Spürhund oder ist er im Ruhestand?

Er ist eigentlich im Ruhestand, hat aber immer noch Lust auf die Arbeit. Deshalb nehme ich ihn gern für Zweitmeinungen hinzu oder aber für Feinsuche, das heisst für eine Arbeit, bei der er nicht allzu grosse Strecken zurücklegen muss. Zum Beispiel schauen wir oft unter Gartenhäuschen nach, ob dort Igel ihre Nester haben. Da kann Keno noch supergut mithelfen. Für die wirklich anstrengenden Arbeiten hilft mir meine andere Hündin Yuma.

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«Ende des Jahres kommt eine weitere Hündin dazu.»

Yuma ist also für die grossen Gebiete zuständig?

Genau. Yuma ist eine sechsjährige schwarze Labradorhündin. Wenn wir weite Areale absuchen müssen, die oft Tausende Quadratmeter gross sind, dann übernimmt Yuma. Sie hat bereits als Welpe die Igelsuche trainiert und ist dementsprechend sehr schnell und zuverlässig bei ihrer Arbeit. Ende des Jahres kommt dann ausserdem noch eine weitere Hündin dazu. Mit ihr werde ich dann auch die Spürhundeausbildung im Hundezentrum Schwarzwald absolvieren.

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Was ist für dich das Schönste an der Arbeit?

Das ist auf jeden Fall die Tatsache, dass ich mit meinen Hunden zusammenarbeiten darf. Ich verbringe praktisch den ganzen Tag mit Lebewesen, die ich gernhabe. Das macht unglaublich Freude. Dazu kommt natürlich die Arbeit in der Natur und an der frischen Luft. Wenn man dann noch dafür sorgen kann, dass einem herzigen Igel nichts passiert, ist das das i-Tüpfelchen, die Kirsche auf der Torte.

Klingt nach einem Traumberuf. Gibt es dennoch etwas, was dich an der Arbeit stört?

Frustrierend ist es, wenn ein Rohdungstermin einfach so vorgezogen wird, ohne dass man davon erfährt. Dann komme ich auf dem Grundstück an, und mit den Arbeiten wurde schon begonnen. Das ist schlimm für mich, weil ich dann nicht mehr helfen kann.

«Igel haben es leider sehr schwer.»

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Was kann ein jeder von uns tun, um den Igeln das Leben einfacher zu machen?

Igel haben es leider sehr schwer. Tag für Tag verlieren sie mehr von ihrem Lebensraum. Je mehr Flächen, Hecken und Gärten naturbelassen bleiben, je weniger Zäune oder Mauern gebaut werden, die den Igeln den Weg zu Futter- oder Schlafplätzen abschneiden, desto besser. Dazu kommt, dass manche Menschen helfen wollen, aber leider nicht gut genug Bescheid wissen über die Tiere. Zum Beispiel sind Igel ortstreu und kennen ihren Lebensraum extrem gut. Trifft man einen Igel auf der Strasse an, darf man ihn gern über die Strasse tragen. Es kommt aber immer wieder vor, dass wohlmeinende Menschen den Igel vor dem Strassenverkehr retten wollen und ihn in den nächsten Wald bringen. Das ist leider doppelt falsch: Der Igel lebt nicht im Wald und möchte auch nicht grundlos aus seinem angestammten Gebiet entfernt werden. Im Zweifel sollte man deshalb immer Igelexperten um Rat fragen.

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