Endstation

Endstation Laubegg

Text & Fotos: Ueli Abt

An der Endstation Laubegg liegt eine historische Überbauung mit markanter V-Form traulich halb versteckt hinter Laub im Strasseneck. Dass der nahe Brunaupark abgerissen werden soll, passt den Anwohnern nicht in den Kram. Doch die Zeiten, als von hier aus der Blick bis zu den Alpen reichte, sind vorbei.

Es klingt komplizierter, als es ist: Wer mit dem Tram 5 bis zur Endstation fährt, steigt an der Haltestelle an der Giesshübelstrasse aus, vis-à-vis der Migros Brunaupark. Dann fahren die Trams der Linie 5 noch ein kurzes Stück ohne Passagiere die Strasse hoch bis zur Wendeschleife, wo sie ihren Halt einlegen. Bevor sie wieder stadteinwärts in Richtung Kirche Fluntern unterwegs sind, laden sie die Passagiere unten vor der Migros auf. Wo übrigens auch Trams der Linien 13 und 17 auf dem Weg zum Albisgütli und wieder zurück stoppen.

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Die Tramwendeschleife liegt dort, wo die Verzweigung von Giesshübel- und Uetlibergstrasse ein Ypsilon bildet. Wie bei einem Mercedesstern teilen die drei Strassenteile mit gefühlt dreimal 120 Grad den Vollkreis – was man sonst in der Stadt Zürich selten sieht. Vis-à-vis liegen ein indisches Restaurant sowie ein Kindergarten in einem bestimmt 100 Jahre alten Gebäude, wie die historische Frakturschrift über dem Eingang schliessen lässt.

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Ein Stück Kommunikationsgeschichte steht direkt bei den Tramschienen, in Form einer öffentlichen Telefonzelle. Die «Telecab 2000» galt bei ihrer Einführung 1995 als die modernste Telefonkabine der Schweiz. Rund 150 dieser Glaszylinder gibt es derzeit noch. Sie sind im Besitz der Allgemeinen Plakatgesellschaft APG und sind für diese – logisch – vor allem als Werbefläche interessant. Ihre Nutzungsdauer war damals auf 35 Jahre ausgelegt, womit sie also noch bis 2030 bestehen bleiben dürften.

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Das Schienenrund zum Wenden des Trams präsentiert sich als eine kleine grüne Oase, ein Minipark mit ein paar Bänken.

Der naturnahe Haltestellenname «Laubegg» passt. Das Schienenrund zum Wenden des Trams präsentiert sich als eine kleine grüne Oase, ein Minipark mit ein paar Bänken. Efeu an Stämmen, Wildblumen und anderes wucherndes Gewächs werten die sonst etwas asphaltlastige Umgebung auf.

Und auch im Knick zwischen Giesshübel- und Uetlibergstrasse können sich Pflanzen fast zu gut entfalten, wie die Grünabfuhr-Container am Strassenrand zeigen. Hier liegt die quartierprägende Wohnsiedlung «Im Laubegg». Diese entstand in den Jahren 1919 bis 1921. Eine Siedlung für die Arbeiterklasse war sie von Beginn weg nicht: Gemäss Dokumenten aus der Zeit gingen die ersten Eigentümer:innen meist einer qualifizierteren Tätigkeit nach – sie waren beispielsweise Bauführer, Prokuristin, Zahnarzt, Ingenieurin, Primarlehrer, Architektin oder Kaufmann.

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Es war aber auch eine frühe Form von Urban Gardening: Das selbst angepflanzte Gemüse konnte auch zur Selbstversorgung dienen.

Mit den zu den Wohnungen gehörenden Grünflächen hatten die Architekten einerseits die Idee der englischen Gartenstadtbewegung aufgegriffen, welche Städte grüner machen wollte. Es war aber auch eine frühe Form von Urban Gardening: Das selbst angepflanzte Gemüse konnte auch zur Selbstversorgung dienen.

Rein nominal gesehen machten die Wohnungen eine beachtliche Preisentwicklung durch. Erhielten die Erstbezüger:innen eine Wohnung noch für rund 40’000 Franken, kosteten die Wohnungen in den 80er-Jahren schon mehr als das Zehnfache. Laut einem Zeitungsbericht von 2020 findet man in Wohnungsausschreibungen heute durchaus Verkaufspreise von 1,4 Millionen Franken.

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Auffällig an der Reihenhaussiedlung ist ihre V-Form. Dies sollte allen Bewohner:innen der nach Süden ausgerichteten Siedlung «Sonnenschein und Alpenblick» ermöglichen. Zunächst stand dem auch nichts im Wege. Lag südwärts in den Anfängen noch eine riesige Lehmgrube und eine Ziegelei, wuchs in den 1980er-Jahren eine Grossüberbauung in die Höhe: der Brunaupark, bestehend aus einer Wohnsiedlung und dem Einkaufszentrum, und etwas weiter oberhalb liegt das Bürozentrum Üetlihof, über viele Jahre Hauptsitz der inzwischen von der UBS übernommenen Credit Suisse.

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Es gibt denn auch Pläne, die Siedlung abzureissen und sie neu zu bauen.

Während die Laubegg-Siedlung mit ihrem Einfamilienhäuschen-Charme zeitlos und auch heute wohnlich wirkt, macht die in Tat und Wahrheit viel jüngere Brunaupark-Wohnsiedlung heute einen angejahrten Eindruck. Es gibt denn auch Pläne, die Siedlung abzureissen und sie neu zu bauen. 500 neue Wohnungen will die Pensionskasse der Credit Suisse bauen anstelle der bisher 239. Den Anstoss zum Neubau des Brunauparks kam übrigens ursprünglich von der Hauptmieterin Migros. Diese wollte das Ladenzentrum sanieren, worauf die Eigentümerin, die Credit-Suisse-Pensionskasse, einen grundlegenden Neubau beschloss.

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Ob und wann die Bagger auffahren können, steht noch in den Sternen. Jüngst, im März 2024, hat das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich die Baubewilligung für die Neugestaltung entzogen.

Die Querelen um das Projekt dauern schon einige Zeit an: Erste Proteste entflammten bereits 2018. Insbesondere die Mieter:innen der Siedlung beklagten sich über die Umstände der Kündigungen. Sie kritisierten, dass ihre Wohnungen durch «teure Bleiben für Wohlhabende» ersetzt werden sollen.

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Aber auch die Nachbar:innen von der Siedlung Laubegg formierten sich in der «IG Wohnen im Laubegg» und machten geltend, ihre Siedlung würde durch den neuen Brunaupark beeinträchtigt. Immerhin sei die Laubegg-Siedlung im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung aufgeführt. Wie dem auch sei: Die Zeiten, als die Bewohnenden noch freien Blick über die Lehmgrube hinweg bis zu den Alpen hatten, wird das definitiv nicht zurückbringen.

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