Essen & Trinken | In der Beiz

Wird der Falken Zürichs begehrtestes Restaurant?

Erste Date Night nach der monatelangen Gastro-Schliessung! Unser Gastro-Kolumnist Hans Georg «HG» Hildebrandt zog es in den neuen Falken. Das Lokal in Wiedikon wird vom früheren Hardhof-Team geführt.

Es war alles ungewohnt: das Essen mit der Gemahlin ausserhalb der trauten vier Wände und ohne die Teenager. Endlich wieder mal bedient zu werden, mit einer Beizerin einen fröhlichen Schwatz zu halten. Ungewohnt natürlich auch die Platzverhältnisse im Garten des Falken bei der Schmiede Wiedikon: Es sei «pumpenvoll», hatte Gastgeberin Céline Tschanz beim Reservieren gewarnt, aber aufgrund der aktuell noch gültigen Corona-Regeln gab es mehr als genügend Luft. Und eigentlich wäre ich ebenso gern im Saal gesessen. Dieser ist nämlich schön geräumig und wohnlich, während man draussen zumindest auf der Seite der Zurlindenstrasse etwas viel Verkehrslärm abbekommt. Beim Reservieren für Draussenplätze sollte man erwähnen, dass man an der Seite Birmenstorferstrasse platziert werden möchte.

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Hier wird seit über 400 Jahren gewirtet.

Einschub betreffend das Essen in geschlossenen Räumen: Ich neige zur Schludrigkeit, was die Einhaltung der Corona-Massnahmen angeht. Fände es aber gut, wenn wir noch nicht so täten, als wäre die Sache buchstäblich schon gegessen. Wir sollen uns zwar alle so oft auswärts verpflegen wie möglich – sonst geht unsere vielfältige Gastrokultur unter. Aber wir sollten auch versuchen, die Infektionszahlen weiterhin tief zu halten. Wir können in den Städten keine Ansteckungsclusters brauchen, die wieder zu verschärften Einschränkungen führen. Einschub Ende.

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Das Team, welches den Falken Wiedikon neu übernommen hat, erfreut sich eines hervorragenden Rufes. Das verdankt es seiner jahrelangen, tollen Arbeit im Hardhof am Albisriederplatz. Dieses knuddlige Lokal wurde bei der damaligen Übernahme durch die Beffa Gastronomie (weitere Betriebe z. B. Weisses Kreuz am Stadelhofen, Aargauerhof an der Langstrasse) nur wenig verändert, dafür wurde die Küche auf den aktuellen Stand gebracht: Analog dem immer noch recht volkstümlichen Charakter von Albisrieden (Schlachthof gleich um die Ecke) wurden und werden im Hardhof Fleischgerichte serviert, die zu den besten der Stadt zählen. Zunge, Nierli, Lebern und Kutteln werden dort nicht erst gereicht, seit es wieder als hip gilt. Man ist Experte und bezieht sein Fleisch bei den besten Anbietern – vom Holzenhof über Jumi bis zu Heinzer im Muotathal und Zanetti im Puschlav. Ich habe im Rahmen meiner Arbeit für Schweizer Fleisch sogar mal ein Kuttel-Testessen dort organisiert. Man habe aufgrund der jahrelangen erfolgreichen Arbeit am Albisriederplatz zahlreiche Stammgäste aus dem Hardhof, die jetzt hierherkämen, erzählt die leutselige Gastgeberin, während wir auf Leberli mit Rösti und Cordon bleu warten.

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Der Falken ist für das einstige Hardhof-Team ein Quantensprung; im Obergeschoss gibt’s einen Saal mit 150 Plätzen, der liebevoll eingerichtete Speisesaal mit rund 100 Plätzen wirkt strahlend und auf eine angenehme Art luxuriös im Vergleich zu den meisten anderen Zürcher Beizen, die noch nicht verloungt wurden. Und zu denen zählt sich das Lokal unter Führung von Céline Tschanz und Florian Bobst trotz der grosszügigen Räumlichkeiten und schönen Einrichtung mit Stolz. Es handelt sich beim Falken um ein ehrwürdiges Haus: Hier wird seit über 400 Jahren gewirtet, 1897 war er Gründungslokal der Zunft Wiedikon. Erst in den Neunzigern wurde das Lokal in «Falcone» umbenannt und zu einem der vielen eher profillosen Italiener, die man nur aufsucht, wenn sonst nirgends Platz und der Hunger desto grösser ist.

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Ich wage eine Prognose: Wenn die Corona-Einschränkungen dereinst Geschichte sind, dürfte der Falken in Wiedikon zu einer der begehrtesten Adressen der ganzen Stadt werden. Bereits jetzt wird so mancher Gastronom das Falken-Team um seine gemischte, unszenige Klientel beneiden. Die Küche von Florian Bobst ist simpel und ohne jegliches Chichi, aber sie ist schmackhaft und traditionsverbunden. Wie im Hardhof setzt das Team Tschanz/Bobst auf eine kleine Karte. Die Gerichte werden konsequent frisch aus regionalen und saisonalen Rohwaren zubereitet.

Die Küche ist simpel, aber schmackhaft.

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Ich glaube, dass genau diese Küche derzeit gesucht wird – weil sie essenziell, ehrlich und schmatzig ist, aber namentlich auch, weil die Preise recht vernünftig angesetzt sind. Ein Cordon bleu knapp unterhalb der 50-Franken-Schallmauer sucht man hier vergeblich. Auch die Weine sind vernünftig kalkuliert und stammen aus spannenden Regionen. Die als Offenweine verkauften Kreszenzen werden in der Flasche an den Tisch gebracht – ein Verfahren, das mir aus den Neunzigerjahren noch vertraut ist. «Flasche leer» bei einem bestellten Halben ist in diesem Fall natürlich jeweils Standard und der Preis fürs Essen deshalb höher als geplant, aber das sollte einen nicht reuen.

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Was die Kulinarik und den Service anlässlich meines Besuches angeht, waren die Leistungen des Teams stabil, wenn wir auch etwas lange warten mussten. Ich kreide das jedoch dem Lockdown an, der wohl so manche Belegschaft (nicht nur in der Gastronomie) ein bisschen aus der Routinekurve geworfen hat. Ich wünsche dem Falken-Team den Erfolg, den es dank seines Engagements und seines Verständnisses für die Gelüste und Bedürfnisse des Zürcher Ausgehvolks schon im Hardhof verzeichnen durfte.

Adresse

Gasthof Falken
Birmensdorferstrasse 150
8003 Zürich
+41 44 463 55 25
Website

Öffnungszeiten

Montag bis Freitag, 11–24 Uhr
Samstag, 9–24 Uhr
Sonntag, 9–23 Uhr