Meine kleine Fondue-Ideologie
Unser Gastro-Kolumnist Hans Georg «HG» Hildebrandt findet: Fondue ist kein Fastfood – und hat mehr Liebe verdient, als ihm die aufpoppenden Bretterhütten schenken. Er verrät seine «Do it yourself»-Tipps – und warum frisches Brot Mord ist.
Für Lesefaule dies vorab: keine Fertigmischung, 100 Prozent Rohmilchkäse, fleissig rühren, Birne und Kartoffel als Abwechslung, Tee und Rotwein statt Weisswein.
Wer für den Fondue-Genuss eine auf alpin getrimmte Bretterbude aufsucht, kann nur einen Grund haben: Er oder sie will nicht den dreitägigen Käsefluch über sein trautes Heim herabbeschwören. Oder er oder sie kann kein Fondue zubereiten. Deshalb hier meine Tipps, heiss und fettig serviert. Denn es macht mehr Freude, die köstliche Speise mit Freunden bei sich zu Hause zu geniessen.
Die Zubereitung einer frischen Fondue-Mischung ist nicht kompliziert.
Ich kaufe wenn möglich frische Fondue-Mischung ein, und zwar bei Weber in Zollikerberg oder Binz. Die Mischung besteht aus zwei jeweils unterschiedlich reifen Rohmilchkäsen (Gruyère/Vacherin) aus dem Moléson, hinzu kommt ein Geheimrezept-Käsli, das man vor dem Servieren in die Menge mischt. Der Rohmilchkäse ist zentral. Er weist mehr geschmackliche Nuancen auf und die in der Wohnung nachhängende Wolke aus Wein und Fett verschwindet leichter als bei Industrie-Fondues.
Zum Fondue trinke ich warmen Kräuter- oder Schwarztee.
Rohmilch muss sanfter behandelt werden und es wird bei der Fütterung der Kühe keine Silage verwendet. Wer über eine längere Zeit Bio-Käse aus silagefreier Milch verspeist und dann ein Produkt aus Industriemilch degustiert, wird die abgestandenen Noten von Silage herausschmecken. Silage wird in Hoch- oder Fahrsilos oder in den sogenannten Siloballen hergestellt, die man den Sommer über auf dem Grasland herumliegen sieht. Dabei wird das frische Grün noch feucht luftdicht eingewickelt und bekommt dabei einen Geschmack nach anaerober Fermentation mit, der sich meiner Ansicht nach auf die Milch überträgt. Wegen der Milchsäurebakterien in der Silage ist die Verwendung dieser Milch für die Herstellung von Rohmilchkäse verboten.
Die Zubereitung einer frischen Fondue-Mischung ist nicht viel komplizierter, als einen Klotz aus Käse zusammen mit Stärke und Weisswein zu schmelzen. Ich schäle zwei bis drei Knoblauchzehen, zerquetsche sie mit der Schneidefläche des Messers und gebe sie in die Pfanne. Danach kommt der fein geraffelte Käse hinein, anschliessend die nötige Menge Maizena zum Binden der Masse. Ich streue sie einfach so über die Käsespäne. Manchmal löse ich das Maizena in einem Gutsch Muskatnuss-Gin von Oliver Matter auf. Fondue-Wein ist eine Sünde. Warum würde ich essen wollen, was ich niemals trinken würde? Ich achte beim Wein auf genügend Säure, verwende also Weine aus kühleren Gebieten. Die benötigte Menge giesse ich über den Käseraspel. Nun presse ich eine mittelgrosse Zitrone aus, gebe den Saft hinzu und mische das Ganze. Zum Würzen verwende ich zwei weisse Pfefferkörner pro 100 g Käse.
Nun das Kochfeld auf mittlerer Stufe einschalten und beobachten, wie sich die Wärme der Pfanne ganz! langsam auf den Wein überträgt. Im sich erhitzenden Wein beginnen die ersten Käseflocken zu schmelzen. Nun die Hitze leicht erhöhen. Und jetzt heisst es zehn Minuten lang rühren, rühren, rühren. Wenn die mit dem Löffel konstant belüftete Käsesuppe Blasen zu schlagen beginnt, Wärme reduzieren und noch einige Runden rühren, dann sofort auf das kräftig brennende Rechaud stellen und mit der Pfeffermühle einige Runden frischen schwarzen Pfeffer darüber mahlen.
Birnen sorgen für Abwechslung.
Dazu serviere ich aufgeschnittene Conférence-Birnen, gerne mit etwas Limettensaft beträufelt, damit sie weniger braun werden und zusätzliche Säure ins Spiel kommt. Ausserdem halbierte Amandine-Kartoffeln, die nach dem Kochen ausgekühlt sein müssen, weil sonst der Käse nicht daran haftet. Birnen und Kartoffeln sorgen für Abwechslung und ein schneller eintretendes Gefühl der Sättigung – frisches Brot zu Fondue ist Mord, man isst viel zu viel und kriegt Bauchweh. Für ein gutes Aromenspiel gehören bei mir Peperoncini-Flocken und natürlich Pickles dazu: Das Label Suur aus Zürich sorgt seit Kurzem in diesem Bereich für Aufsehen und rettet nicht nur Gemüse, das sonst nicht verkauft würde, sondern weist auch über die gängige Silberzwiebel-Essiggurken-Eintönigkeit hinaus.
Zum Fondue trinke ich warmen Kräuter- oder Schwarztee, weil die Gerbstoffe der Verdauung auf die Sprünge helfen. Brotstücke tauche ich gern in einen guten Williams aus dem Wallis, bevor ich sie im Käse versenke. Auch hier ist Gin wieder eine gern gesehene Option; Wacholder und Pfeffer als Gin-Grundzutaten passen zu fast jedem Essen. Falls Wein gereicht wird: Probieren Sie es mit einem Pinot Noir aus der Schweiz, welcher der Wucht des Käses eher entgegentreten kann als die meisten Weissweine.
Gastro-Tipps
Fondue-Pop-ups (von Kollege Alex Kühn charmanterweise als Fondue-Favelas benamst) sind meiner Ansicht nach kostenoptimierter Erlebnissimo-Scheiss und ich meide sie wenn möglich. Wenn ich für Fondue in die Beiz gehe, besuche ich die Chästube Rehalp, das Fribourger Fonduestübli oder das Chez Crettol in Küsnacht.