Als ein Elefant durch Zürich marschierte
Eigentlich trat Sabu im Zirkus Knie auf. Doch im Sommer 2010 sorgte die Elefantenkuh ausserhalb der Manege für Herzklopfen. Und das mehr als ein Mal.
Zeit, weiterzuziehen. Anfang Juni 2010 bricht der Zirkus Knie seine Zelte auf der Landiwiese ab: In den letzten Wochen hat er die Zürcher*innen hier unterhalten. Jetzt stehen weitere Städte auf dem Tourneeplan.
Auch die zahlreichen Tiere werden in die Anhänger verladen. Gegen 19 Uhr schenkt der Zirkus-Mitarbeiter der Elefantendame Sabu einen Moment lang zu wenig Aufmerksamkeit. Sie büxt aus – und erfrischt sich im nahen Zürichsee. Nicht das erste Mal.
Normalerweise baden die Elefanten des Zirkus Knie regelmässig im See. In diesem Sommer fällt der Plausch jedoch aus, denn die Polizei warnt vor am Ufer herumliegenden Scherben – die Tiere könnten sich daran verletzen. Und noch etwas ist in dieser Saison anders: Der Zirkus gastiert nicht wie sonst auf dem Sechseläutenplatz. Grund sind Ausgrabungen am Opernhaus.
Erst gönnte sich die Elefantenkuh ein Bad.
Sabu übersteht ihr Freiluft-Bad unbeschadet. Die Pfleger*innen, die sie zurück auf die Landiwiese locken wollen, ignoriert sie. Zielstrebig rennt das tonnenschwere Tier Richtung Innenstadt, gefolgt von Mitarbeiter*innen des Zirkus und der Polizei.
Sabu marschiert die Route des «Elefanten-Apéros» ab, die sie jedes Jahr mit ihren Gspändli absolviert: von der Landiwiese über den Mythenquai und den General-Guisan-Quai weiter zum Bürkliplatz in Richtung Hauptbahnhof.
Das Tier kannte den Weg.
Nach eineinhalb Stunden kann Sabu schliesslich in der Talstrasse eingefangen werden. Mittels eines Traktors wird das Tier zurück zur Landiwiese transportiert. Die Zirkus-Leute sind erleichtert. Und der Mediensprecher versichert dem «Blick»: «Sabu wollte ganz bestimmt nichts Böses.»
Doch nur wenige Tage später türmt Sabu erneut – in Wettingen genehmigt sie sich wieder ein Bad in Freiheit, dieses Mal in einem Bach. Zwanzig Minuten später ist Sabu wieder eingefangen.
Auch im Zoo hatte Sabu ihren eigenen Kopf.
Es ist die letzte Zirkus-Saison für Sabu. Nach rund zwanzig Jahren in der Manege lebt sie fortan ganzjährig im Kinderzoo Knie in Rapperswil. Ihren Eigensinn hat die Elefantenkuh jedoch nicht verloren. Statt Kinder auf sich reiten zu lassen, suhlt sie sich lieber im Lehm.
Fünf Jahre später werden auch ihre Kolleg*innen in Rente geschickt: Seit 2015 verzichtet der Zirkus Knie auf Elefanten in der Manege. Die Dickhäuter leben jetzt ganzjährig im Zoo. Knies Beliebtheit hat diese Entscheidung nicht geschadet – allein in Zürich lockt der Zirkus jährlich 100 000 Besucher*innen an.