Mit diesen sechs Profi-Tricks klappt das Homeschooling

Text: Eva Hediger

Die beiden Kinder von Jeanine Keller besuchen keine öffentliche Schule, sondern werden seit jeher daheim unterrichtet. Die Zürcher Mutter weiss also genau, was es für eine erfolgreiche Homeschool braucht.

Du unterrichtest deine zwei Mädchen daheim. Wieso?

Als meine ältere Tochter das zweite Kindergartenjahr besuchte, ging es ihr immer schlechter – bei einer erwachsenen Person hätte man vermutlich von einem Burn-out oder von einer Depression gesprochen. Als sie in den Ferien unter Chindsgi-Albträumen litt, beschlossen mein Mann und ich, sie eine Weile nicht mehr in den Kindergarten zu schicken. In dieser Pause blühte unsere Tochter wieder richtig auf. Ihre Entdeckerfreude und Kreativität kamen zurück. Deshalb beschlossen wir, sie auch weiter zu Hause zu behalten.

«Wir konnten wieder unseren eigenen Rhythmus leben.»

Jeanine Keller

War der Gedanke an Homeschooling damals neu für euch?

Meine Schwägerin unterrichtete damals ihre Kinder seit Kurzem daheim. Als sie mir das zum ersten Mal erzählte, dachte ich: «Ui nein, die armen Kinder!» Ich habe dann aber schnell gemerkt, dass ich diese Meinung voreilig und ohne Wissen über Homeschooling gefällt hatte. Je mehr ich mich nämlich mit dem Thema befasste, umso mehr sagte es mir zu. Als schliesslich unsere Tochter eingeschult werden sollte, beschlossen wir, sie weiterhin daheim zu unterrichten. Das lag aber auch daran, dass sie wegen ihrer Hochbegabung direkt in die zweite Klasse hätte einsteigen müssen – sie hätte sich also nicht langsam an das Schulsystem gewöhnen können. Das wollten wir ihr nicht antun, vor allem, weil es ihr zu dieser Zeit endlich wieder gut ging.

Wie war für dich die Umstellung auf Homeschooling?

Wunderschön. Ich bin sowieso eine Mutter, die ihre Kinder schon immer sehr in den Alltag integriert hat. Wir haben zum Beispiel schon immer zusammen gekocht oder Besorgungen gemacht. Auch fand ich es toll, dass wir wieder unseren eigenen Rhythmus leben konnten. Das war durch den Kindergartenbesuch vorher nicht möglich gewesen. Auch konnte dort meine Tochter nur schwer auf ihre Bedürfnisse und die Dinge eingehen, die sie gerade wirklich interessierten. Sie durfte sich zum Beispiel nicht alleine in den Pausenraum zurückziehen, wenn sie mal kurz Ruhe brauchte. Daheim geht das wieder.

Unterricht zu Hause: Sechs Tipps von Jeanine Keller

  • An einem fixen Tagesablauf festhalten – aber trotzdem flexibel bleiben: Wenn das Kind gerade gut lernt, kann das Mittagessen auch mal eine Stunde warten. «Man sollte aber wann immer möglich dann aufhören oder eine Pause einlegen, wenn das Kind noch Spass hat», so Jeanine.

  • Wenn die Eltern Ruhe brauchen, sollten sie sich vorgängig intensiv mit den Kindern beschäftigen. Dann fällt es diesen leichter, selbst konzentriert zu bleiben. Jeanine nennt das «den Aufmerksamkeitstank füllen».
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  • Wer die längerfristigen Lernziele kennt, kann den Stoff besser planen. Deshalb bei den Lehrpersonen fragen, ob sie die Aufgaben nicht nur pro Woche, sondern auch über den Monat vergeben können.

  • Die Eltern müssen Vorbilder sein – und zeigen, dass sie Rechnen & Co. selbst brauchen. Dabei können sie den Schulstoff spielerisch in den Alltag einbinden: Wenn das Kind weiss, weshalb es lernt, bleibt es motiviert. «Ich lasse meine Töchter zum Beispiel die Mengenangaben von Rezepten neu berechnen, wenn wir gemeinsam kochen. «Oder wir beziehen das Corona-Thema in die Deutschstunde mit ein», sagt Jeanine. So liess sie ihre Kinder zum Beispiel Fragen an die isolierten Bewohner*innen eines nahen Altersheims schreiben.

  • Das Kind braucht zwar einen Schreibtisch als möglichen Rückzugsort. Lernt es aber lieber woanders, sollte man es nicht daran hindern. Jeanine erzählt: «Meine Töchter sind oft bei mir in der Küche.»

  • Akzeptieren, dass gerade eine Ausnahmesituation herrscht, die auch die Kinder belastet. Als Eltern sollte man sich aber nicht zusätzlich unter Druck setzen – denn das spürt der Nachwuchs. «Es ist wichtig, dass die Erwachsenen Sicherheit vermitteln», so Jeanine. Sie rät, die Kinder trotz vollem Stundenplan mal länger spielen zu lassen. «Das lüftet den Kopf.» Ausserdem soll man den Kindern Zeit lassen, sich an den Fernunterricht zu gewöhnen.

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