Menschen & Leben | Besondere Berufe

«Man wird nur besser, wenn man Fehler macht»

Zürcher*innen mit besonderen Berufen: Der Magier Pat Perry hat keine Angst vor Missgeschicken. Und findet: Nur wer hart arbeitet, wird Erfolg haben. Das vermittelt er auch seinen Zauberschüler*innen.

Pat Perry war ein unruhiges Kind. Ständig bewegte er seine Hände und hatte Mühe, seine überschüssige Energie unter Kontrolle zu halten. Als er mit zwölf Jahren einen Zauberkasten als Weihnachtsgeschenk bekam, änderte sich dies schlagartig. Endlich fand er ein Hobby, das ihn begeisterte.

«Ich habe voller Freude immer wieder neue Tricks gelernt, Karten verschwinden und Münzen über meine Finger rollen lassen. Die Zauberei war ein perfektes Ventil für meine Energie. An jedem möglichen Anlass habe ich kleine Tricks vorgeführt und meine Verwandten und Bekannten zum Staunen gebracht.»

«Beim Zaubern geht es auch darum, dein Gegenüber zu lesen.»

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Aus diesem Hobby wurde bald mehr und mehr eine Berufung. Pat begann mit 16 eine Zauberschule in Zürich zu besuchen. Dort lernte der Teenager auch viel über Kommunikation und Psychologie.

«Beim Zaubern geht es auch darum, dein Gegenüber zu lesen und – in manchen Fällen – zu manipulieren. Ich muss Gestik und Mimik einer Person richtig interpretieren, um vorauszusagen, was sie im nächsten Moment machen wird. Das ist für meine Arbeit essenziell.»

Damals gab es noch kein Youtube. Um neue Tricks zu lernen, besuchte Pat unzählige Abendkurse und Seminare von Künstlern aus der ganzen Welt. Er absolvierte sieben Jahre lang berufsbegleitend eine Theaterschule. Daneben machte Pat eine Lehre zum Hochbauzeichner. Dass diese Ausbildung vergebens war, denkt der Profizauberer heute nicht.

«Im Gegenteil. Die Lehre war wahnsinnig spannend und vielseitig. Auch wenn es nicht der Beruf ist, den ich heute ausübe, konnte ich sehr viel mitnehmen. Räumliches Vorstellungsvermögen und Materialkunde helfen mir heute, wenn ich zum Beispiel an einem neuen Prototyp für meine Nummern arbeite. Da nehme ich zuallererst Karton, Cutter und Heissklebepistole in die Hand und bastle drauflos.»

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Nach der Lehre arbeitete Pat zwei Jahre lang halbtags als Hochbauzeichner. Die restliche Zeit übte er neue Tricks oder hatte Auftritte. Letztere dauerten oft bis spätabends. Das wurde ein Problem. Da Pat auch Bauleitungen übernahm, musste er morgens früh aufstehen.

«Ich entschied mich für meine Leidenschaft und legte den Beruf als Hochbauzeichner nieder. Dass ich irgendwann Profizauberer sein würde und damit mein Geld verdiene, hätte ich nie geglaubt. Das entwickelte sich schleichend. Es kamen die ersten Aufträge, dann Mundpropaganda, und irgendwann lief es.»

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«Hey, ich muss mich nicht verbiegen, nur um meiner Leidenschaft nachzugehen.»

Der Amerikaner David Copperfield war Pats erstes Vorbild. Nicht nur wegen seiner genialen Tricks, sondern weil er die Zauberei endlich entstaubt habe, erzählt Pat.

«Bei Copperfields Auftritten lief Genesis und nicht Vivaldi. Er trug Jeans und Pullover anstatt schwarzen Anzug und Zylinder. Durch ihn habe ich gemerkt: Hey, ich muss mich nicht verbiegen, ich muss mit 25 Jahren keinen Frack anziehen, nur um meiner Leidenschaft nachzugehen.»

Um ein erfolgreicher Zauberer zu werden, braucht es laut Pat Perry Fingerfertigkeit und Kreativität. In seinem Close Theater in Zürich stellt er deshalb seine Show immer wieder komplett um und zeigt neue Kunststücke.

«Für mich ist Kreativität eine Art Muskel, den man trainieren kann. Man muss sich zwingen, immer wieder über den Tellerrand hinauszublicken, neue Wege zu gehen und neue Sachen auszuprobieren. Dann wird man automatisch kreativer.»

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«Ich zaubere nur, weil ich es machen will.»

Vor allem müssen die Leidenschaft und die Freude am Beruf da sein, erzählt der Magier.

«Im Dezember könnte ich zum Beispiel sieben Mal die Woche auftreten, weil so viele Firmenanlässe stattfinden. Aber da würde ich irgendwann den Spass verlieren. Ich zaubere nur, weil ich es machen will, nicht weil ich es machen muss.»

Eine Zeit lang war Pat sogar Leiter der Zauberschule Zürich. Auch amtete er als Vizepräsident des Clubs Zürcher Magier. Heute coacht er junge Zauber*innen und gibt so seine Erfahrungen weiter.

«Junge Kolleg*innen haben ganz tolle neue Ideen – sei es Kartenakrobatik, Street Magic oder Tricks mit technischen Gadgets. Seit 10, 15 Jahren haben Zauber*innen wieder den Mut, etwas Neues zu probieren. Es ist wichtig, dass sie darin unterstützt werden.»

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Um Mitglied im Magischen Ring der Schweiz zu werden, muss man sowohl eine praktische als auch eine theoretische Prüfung ablegen. Diese wird von einer Jury aus Zauber-Profis bewertet.

«Der Eintritt wird dir nicht auf dem Silbertablett serviert, du musst es dir auch verdienen. Heute gibt es so viel gratis. Die Leute müssen aber einsehen, dass man sich Erfolg erarbeiten muss und dass ihnen nichts geschenkt wird.»

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«Junge Kolleg*innen haben ganz tolle neue Ideen.»

Obwohl Pat Perry selbst drei Jahre lang amtierender Zauberei-Weltmeister war, spricht er auch offen über schief gegangene Auftritte. «You have to give yourself the permission to fail», lautet sein Credo.

«Hätte ich vor Misserfolgen Angst, dann würde ich 30 Jahre lang die gleichen Tricks aufführen und mich überhaupt nicht weiterentwickeln. Ich denke, wir müssen lernen, mit Fehlern viel lockerer umzugehen. Man wird nur besser, wenn man Fehler macht.»

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Laut Pat sind Fehler viel zu stark stigmatisiert. Das fange schon in der Schule an, wo jeder Fehler gleich mit einem roten Kreuz markiert und verurteilt werde. Aber alle Leute, die innovativ denken, seien schon mal auf die Nase gefallen. Danach müsse man aufstehen, sich den Kragen richten und weitermachen.

«Es ist wichtig, dass man offen über Fehltritte spricht. Deshalb teile ich meine Misserfolge auch mit meinen Freund*innen und Kolleg*innen. Und sie ihre mit mir. Daraus können alle lernen und werden so zusammen schneller besser.»

Dieser Artikel ist nicht gratis.

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