Der Stadtwanderer findet Liebe und Fehler

Text: Beni Frenkel

Auch in Zürich ist nicht alles Duden, was glänzt. Die Stadt gibt sich kühl und fehlerfrei. Doch wer genau hinschaut, findet kleine Brüche – und sogar Liebe.

Der Stadt Zürich wird immer wieder vorgehalten, sie sei kalt und makellos. Beide Vorurteile stimmen. Wer seine Augen aber offenhält und manchmal vom Handydisplay wegschaut, entdeckt Sonderbares. Er erlebt Wärme oder sieht Fehler im System.

Da ist zum Beispiel der Brunnen zwischen General-Wille-Strasse und Alfred-Escher-Strasse. Ich gehe jeden Morgen daran vorbei. Die Passanten wirken gehetzt und leblos. Es ist kalt. Es ist dunkel. Doch der Brunnen spendet Wärme, er sieht aus wie ein erigierter Penis.

Wenn ich vor der Alfred-Escher-Strasse stehe und darauf warte, dass die Ampel endlich auf Grün schaltet, nehme ich mir stets die Zeit und tätschle zärtlich den Brunnen. Dabei werde ich immer etwas nass, aber das ist mir egal.

Man braucht entweder ein Kunststudium oder eine leicht verdorbene Fantasie, um den Brunnen richtig zu deuten.

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Dieser Brunnen ist viel subversiver als dieser plumpe Brüsseler Manneken Pis. Man braucht entweder ein Kunststudium oder eine leicht verdorbene Fantasie, um den Brunnen richtig zu deuten. Schade ist, dass im Brunnen-Guide kein Name für den am Quellwassernetz angeschlossenen Brunnen Nr. 165 zu finden ist. Da das Fifa-Museum knapp 100 Meter vom Brunnen entfernt liegt, schlage ich als Namen vor: Fifa Pis.

Wir haben nun bewiesen, dass auch in Zürich Wärme und Liebe vorhanden sind. Doch wo gibt es Fehler in dieser unsympathisch korrekten Stadt?

Fehler finden sich zum Beispiel bei den vielen Gemüseläden. Vor sehr langer Zeit war ich Primarlehrer: Ich führte eine Kartei orthografischer Fehler bei Frucht- und Gemüsebeschriftungen. Die habe ich dann mit den Schülern angeschaut. Ich wollte ihnen zeigen, dass Orthografiegegner offenbar Gemüsehändler werden.

Wer gerade Zeit hat, muss noch schnell die Schilder beschriften. Voll okay, wenn er dabei den Duden nicht immer griffbereit hat.

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Ich freue mich auch heute noch, wenn ich «Erpel» statt Äpfel, «Bannanen» statt Bananen oder «Kabiss» statt Kabis in der Auslage entdecke. Solche Verschreiber sind nicht tragisch. Ich stelle mir vor: Der Gemüsehändler steht um 3 Uhr morgens auf und fährt mit Frau und Cousin zum Grossisten. Er kauft die riesigen Äpfel, die für Migros und Coop zu gross sind, er kauft die fleckigen Birnen, die im Geschmack noch besser sind als die unbefleckten im Globus.

Um 5 Uhr laden sie die Ware im Laden ab. Dann werden die Preise angepasst und wer gerade Zeit hat, muss noch schnell die Schilder beschriften. Voll okay, wenn er dabei den Duden nicht immer griffbereit hat. Die Kunden sehen ja, was vor ihrer Nase ausliegt: Kabiss, Granadäpfel, Äpfel Johna.

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Ganz schlimm sind die vielen «Caffetterias». Himmelherrgottnochmal! Es heisst Cafeteria. Ein f, ein t.

Womit ich mehr Schwierigkeiten habe, sind Fehler in Amtsschreiben oder fehlerhafte Ladenbezeichnungen, die man sich nicht um 5 Uhr morgens ausdenken muss.

Ganz schlimm sind die vielen «Caffetterias» in Zürich. Himmelherrgottnochmal! Ich meine euch, Caffetteria Terranova, Caffetteria am Limmatplatz und Caffetteria am Manesseplatz. Es heisst Cafeteria. Ein f, ein t.

Ich liebe sie aber dennoch – wie den Fifa-Pis-Brunnen.

Adresse

Brunnen Nr. 165
General-Wille-Strasse 10
8002 Zürich