Stadt & Geschichte | Züri Crime

Von der Ehefrau zur Mörderin?

Text: Eva Hediger Titelbild: Christiane Schmid, Zentralbibliothek Zürich

Dora Keller war jung, verheiratet – und frisch verliebt in einen anderen Mann. Doch mit einer Scheidung hätte die Zürcherin alles verloren. Deshalb setzte sie im Sommer 1933 einen mörderischen Plan um.

Walter Keller möchte sich vergnügen. Deshalb unternimmt der junge Metzger mit seiner Frau Dora eine Spritztour. Es ist Donnerstagabend, der 22. Juli 1933. Erst fahren die Eheleute mit dem Töff in die City. In einem Kino schauen sie einen Film. Im Lokal von Doras Eltern gönnt sich das Paar einen Absacker, wie so oft zuvor. Danach brausen die Kellers nach Hause zurück. Er lenkt das Motorrad, sie fährt auf dem Beifahrersitz mit.

Doch bei der Turnhalle des Schulhauses am Langgrütweg passiert ein Crash. Dora eilt nach Albisrieden, um Hilfe zu holen. Den Anwohner:innen erklärt die aufgelöste Frau, dass sie selbst mit einem Schrecken davongekommen sei. Doch ihr Mann habe schwere Kopfverletzungen erlitten. Er benötige dringend Hilfe. Die Polizei rückt sofort zur Unfallstelle aus – und findet einen toten Walter.

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Bald zirkulierten die ersten Gerüchte.

Die Beamten haben Mitleid mit der erst 20-jährigen Witwe. Es ist zwar seltsam, dass diese unverletzt geblieben ist. Doch die Beamten verlassen sich auf Doras Aussage: Es ist ein Unfall gewesen. Die Polizei spekuliert, dass Walter zu schnell gefahren ist. «Vielleicht waren aber auch unglückliche Zufälle mit im Spiel», schreibt eine Zeitung später. Der Fall wird geschlossen, Walter kurz darauf beerdigt.

Doch in Albisrieden zirkulieren bald Gerüchte. Dass die junge Ehe unglücklich gewesen sei, Dora untreu. Dass Walter Keller nicht verunfallt, sondern ermordet worden sei.

Dora ist nach wenigen Wochen frisch verheiratet. Und hat grosse Pläne: Gemeinsam mit ihrem neuen Mann Paul Seiler will sie im Kreis 8 ein eigenes Geschäft eröffnen. Er ist – wie ihr vorheriger Mann – Metzger.

Die Schwester findet Beweise – und überreicht sie der Polizei.

Doch im Herbst 1933 findet die Schwester von Dora Briefe, die Paul an Dora geschrieben hat – und zwar vor der Unfallnacht. Darin beschwört der junge Mann nicht nur seine Liebe zu Dora, sondern macht darin auch «merkwürdige Anspielungen», wie die «NZZ» später schreibt. Die Schwester übergibt die Liebespost der Polizei.

So decken die Zürcher Beamten den sorgfältig geplanten Mord doch noch auf: Die verheiratete Dora hat sich eine Weile zuvor in Paul verliebt. Eine Scheidung ist in dieser Zeit auch aus gesellschaftlichen Gründen undenkbar. Deshalb entwickelt die junge Frau mit ihrem Liebhaber einen mörderischen Plan: Auf der Heimfahrt vom Kino verliert Dora absichtlich ihre Handtasche, die genaue Stelle vereinbart sie vorgängig mit Paul. Dieser lauert dort mit seinem Bruder. Während Dora vermeintlich ihr Täschchen sucht, ermorden die beiden Männer den ahnungslosen Walter.

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Das Mörderpaar gesteht sofort.

Walters Leiche wird im Oktober 1934 exhumiert – 15 Monate nach der Beerdigung. Gerichtsmediziner untersuchen den zertrümmerten Schädel. Für sie ist klar: Die Verletzungen stammen von einem Schlag und nicht von einem Unfall.

Die Wendung überrascht nicht nur die Beamten. Auch die «NZZ» schreibt, dass ursprünglich niemand geglaubt habe, dass sich «diese Angelegenheit als einen bis auf alle Einzelheiten vorbereiteter Mord am eigenen Gatten aufklären würde».

Am 7. Oktober 1933 werden Dora und ihr neuer Mann Paul Seiler verhaftet. Das Paar sowie der am Mord beteiligte August Seiler gestehen sofort. Und so eröffnet das Liebespaar keine gemeinsame Metzgerei – sondern wandert für 15 Jahre ins Gefängnis. Getrennt voneinander.

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