Cranberry Bar

Schlampen seien hier hochbeliebt, sagt er unvermittelt. Dabei verzieht Philipp Krapf, Geschäftsführer der Cranberry Bar, keine Miene. Jeden Abend werde er nach ihnen gefragt, meist sogar mehrmals: «Bitte eine Schlampe und einen Pornstar!» heisse es oft. Fast genauso gefragt seien aber Freches Früchtchen oder Suffering Bastards. Dies sind nur einige Cocktailkreationen, die hier auf der Barkarte stehen. Das Angebot wird immer wieder erweitert und aufgefrischt. Die Rezeptsammlung wächst jeweils mit neuen Mitarbeitenden: «Jede:r aus dem Team bringt sich da ein, das macht grossen Spass.» Und man ist flexibel: Auch wenn jemand einen Drink bestellt, der offiziell nicht mehr auf der Karte steht, kommt man dem Wunsch gerne nach.

Philipp erzählt mit Stolz von seiner Arbeit und gleichzeitig von zufriedenen Kund:innen: «Die Stimmung hier ist sehr ausgelassen und vertraut», meint er. «Ich glaube, man kann schon sagen, dass wir uns in den letzten 25 Jahren zu einer Institution gemausert haben.»

Das Cranberry ist ein Ort der Begegnung. Ein sicherer Wert im Zürcher Nachtleben. Etabliert in der Szene, beliebt bei Tourist:innen. Neue Mitarbeitende bräuchten jeweils ein paar Wochen, um sich mit den vielen Drink-Rezepten zurechtzufinden und Namen der Stammgast-Schar zu memorisieren, erzählt Krapf. Doch ist man mal in der Materie drin, setzt jede:r alles daran, der Kundschaft ein stimmiges Getränk zu servieren. «Wir fragen jeweils ganz systematisch nach – alkoholisch oder nicht, süss oder eher bitter und natürlich nach der gewünschten Basis», erklärt der bald 32-Jährige und taucht kurz in die Historie des zweistöckigen Lokals an der Metzgergasse 3, nur einen Steinwurf vom Rathaus entfernt, ein: «Eigentlich war das Cranberry gar nicht als Queer-Lokal gedacht, sondern als Raucher-Lounge. Dadurch, dass die Besitzer Jvan, Chris und Erik selber schwul sind und von Anfang an ihren Bekanntenkreis aktivierten, hat sich das so entwickelt.»

Die Bar hat – ausser am 24. und 25. Dezember – jeden Tag ab 17 Uhr geöffnet. So etwas wie Betriebsferien gibt es nicht. Das Cranberry ist immer da für seine Kundschaft, immer da für einen guten Drink, immer da für eine Schwatz, immer da für Gäste auf Partnersuche. Aber auch für Paare und Gruppen, die von hier aus in ihre nächtlichen Abenteuer starten.

Hier entscheidet sich, was am Abend oder in der Nacht passiert. Hier werden die Weichen dafür gestellt, an welche Party man geht. Hier bekommt man Tipps, wo man essen, wo man tanzen, wo man zu später Stunde noch einen «Schlummi» bekommt. Hierhin kehrt man aber auch immer wieder zurück und bleibt gerne länger. «Viele kommen seit Jahren, manche sogar seit Anfang an. Ich kenne einen Grossteil der Gäste beim Namen», sagt Philipp – «schreib lieber nur ‹Philipp›, wir duzen uns hier» –, der seit bald drei Jahren das Lokal führt.

Langweilig ists hier nie: Einmal im Monat wird im Campari Room im oberen Stock Karaoke gesungen, jeden Freitag werden Folgen von «Rupaul’s Drag Race» gezeigt, immer wieder gibt es Themenpartys. Besonders rund um die Pride gehe es im und vor dem Lokal – das Cranberry hat über sechzig Aussenplätze – hoch zu und her.