Marta Flohmarkt
Mit dem Regalflohmarkt bringt Myrielle Hambrecht ein nachhaltiges und überraschend innovatives Ladenkonzept aus dem hohen Norden mitten nach Zürich.
Wer schon immer von einem eigenen kleinen Verkaufsladen geträumt hat, kann sich diesen Wunsch jetzt ganz einfach erfüllen. Im neu eröffneten Marta Flohmarkt vermietet Myrielle Hambrecht wochenweise Regale an private Verkäufer und kleine Labels und kümmert sich mit Herzblut um den Verkauf. Mit dem neuartigen Konzept stösst sie auf reges Interesse und setzt ein Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft.
Es ist ein stürmischer Morgen, als ich etwas zu früh vor dem Marta Flohmarkt im Zürcher Kreis 4 stehe. Ladenbesitzerin Myrielle Hambrecht sieht mich und offeriert mir einen wärmenden Tee.
Die auffällig grüne Überbauung, in der sich der Laden befindet, ist mir von weitem aufgefallen. Der Lukashof thront seit 2016 zwischen Bäckeranlage und Langstrasse und wartet mit frischen Nutzungskonzepten auf. Es ist ein gemeinschaftliches Zusammenleben hier. Man trifft sich im Innenhof, erntet das gemeinsam gezogene Gemüse in den hofeigenen Hochbeeten, und schon bald eröffnet ein Café, das die Bewohner noch stärker mit dem Quartier verbinden soll.
Myrielles Konzept eines Regalflohmarkt- und Designladens stiess bei der Verwaltung des Lukashofs sofort auf Interesse. Die Idee, einen ganzjährigen Flohmarkt anzubieten, so den nachhaltigen Konsum zu fördern und gleichzeitig einen Treffpunkt für die Menschen im Quartier zu schaffen, fand Anklang. Eins führte zum anderen, erzählt Myrielle, die den Laden gemeinsam mit ihrem Partner führt. Von der Idee bis zur Eröffnung vergingen nur wenige Monate.
Das Prinzip des Marta Flohmarkts ist ganz einfach. Die Verkäufer mieten ein Regal. Darin präsentieren sie ihre Sachen – Secondhandkleider, Handtaschen, Schuhe oder selbst designte Produkte. Es gibt kaum ein Produkt, das hier nicht verkauft wird. Neben den Secondhandverkäufern präsentieren immer wieder junge Designer ihre Kollektionen, und auch Online-Shops ohne eigene Geschäfte nutzen die Verkaufsflächen. Myrielle steht täglich im Laden und kümmert sich mit Herzblut um den Verkauf der Ware. Der Laden finanziert sich über die Regalmieten sowie einer Kommission von 15 Prozent auf die verkauften Gegenstände.
«Für die Finnen ist es selbstverständlich, sich auf Regalflohmärkten nach gebrauchter Ware umzusehen.»
Die Idee, einen Flohmarktladen in Zürich zu eröffnen, hatten Myrielle und ihr Partner nach einem Besuch bei einem langjährigen Freund in Tampere in Finnland. Dieser wohnt mit Frau und Kindern seit einigen Jahren im hohen Norden und nahm die beiden mit auf verschiedene Kirppismärkte. Das sind riesige Flohmärkte in bis zu 1000 Quadratmeter grossen Hallen, in deren Regalen von Werkzeug, Kindersachen und Büchern über Kleider bis zu elektronischen Geräten gebrauchte Waren aller Art verkauft werden. Myrielle und ihr Partner waren beeindruckt. «Für die Finnen ist es selbstverständlich, sich auf Regalflohmärkten nach gebrauchter Ware umzusehen, statt gleich alles neu zu kaufen.» Zurück in der Schweiz, ging ihnen dieses Erlebnis nicht mehr aus dem Kopf, und sie wussten: «Wir müssen dieses tolle Konzept nach Zürich bringen!»
Myrielle wünscht sich im Laden einen bunten Mix aus Secondhand- und selbstgefertigten Produkten. «Porzellan und Geschirr fände ich ganz toll!», sagt sie und lacht. Gerade ihr als gelernter Schneiderin liege das Handwerk sehr am Herzen. Sie beobachtet ein Umdenken: Es wird wieder vermehrt regional, in Handarbeit und mit qualitativen Materialien produziert. Etwas, das die naturverliebte, reiselustige Myrielle, die mit knapp zwanzig für einen Wintergastrojob von Süddeutschland nach Davos und später für die Textilfachhochschule nach Zürich zog, sehr begrüsst.
Ganz schön modern, dieser Flohmarkt 2.0!
Damit der Verkauf reibungslos funktioniert, setzen Myrielle und ihr Partner eine ausgeklügelte Software ein: Jeder Verkäufer kann über ein Online-Login seine Preise im Voraus definieren und während der Mietdauer das Verkaufsgeschäft live mitverfolgen. Der Verkäufer sieht, welche Produkte besonders gefragt sind, kann davon noch mehr ins Regal stellen und weniger erfolgreiche Artikel wieder entfernen. Sogar ein kleiner eigener Regal-Sale ist möglich. Sieht der Verkäufer, dass seine Ware nicht verkauft wird, kann er seine Sachen zu einem ermässigten Preis anbieten. Ganz schön modern, dieser Flohmarkt 2.0!
Und während ich von Myrielles Tee trinke und ihren Geschichten lausche, fällt mir ihre zufriedene Ausstrahlung auf. Den Marta Flohmarkt zu eröffnen, war für Myrielle und ihren Partner ein mutiger und richtiger Schritt: «Mir war es immer wichtig, im Leben etwas zu machen, das mir Spass macht und hinter dem ich zu 100 Prozent stehen kann!»