Stadt & Geschichte

Wieso die Zürcher*innen die Bäckeranlage verschmähten

Text: Lothar Lechner Bazzanella Fotos: Baugeschichtliches Archiv

Einst ein bürgerlicher Stadtpark für Zürichs Oberschicht, dann beliebter «Tummelplatz» für die Arbeiter*innen des Kreis 4: Wie stark sich die Bäckeranlage seit ihrer Einweihung vor fast 120 Jahren verändert hat.

Wer heute durch die Bäckeranlage schlendert, im Gras liegt oder im Quartierzentrum sein Mittagessen verspeist, weiss in der Regel nicht viel von der bewegten Geschichte der Anlage. Ihren heutigen Namen verdankt sie der Bäckerstrasse, die ursprünglich neben der Anlage verlief.

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Die Bäckeranlage wurde 1901 eingeweiht. Damals sah sie komplett anders aus als heute. Der belgische Gartenarchitekt Evariste Mertens hatte einen bürgerlichen Stadtpark entworfen, der vor allem die gehobene Zürcher Oberschicht zum Flanieren und Verweilen einladen sollte. Dafür legte er viele gewundene Wege an und liess niedrige Sträucher und Dutzende Bäume pflanzen.

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Die Oberschicht mied jedoch die Gegend.

Da in der Umgebung jedoch vor allem Arbeiterfamilien wohnten, kam Mertens’ Idee alles andere als gut an. Die Arbeiter*innen hatten keine Zeit für Spaziergänge im Park und für die Oberschicht der Stadt war die Gegend schlicht nicht schick genug. Und so wurde der Park nur wenig genutzt und verwilderte sehr bald. Mertens’ Söhne, Walter und Oskar, erkannten dieses Problem und erneuerten die Anlage deshalb im Jahr 1938 komplett. Das neue Projekt trug den Namen «Volksgarten, Tummelplatz für breite Bevölkerungsgruppen» und sollte dem Kreis 4 endlich einen Ort zum Wohlfühlen geben.

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Jetzt sollten sich alle im Park erholen können.

Die engen Wege wurden durch einen grossen Rasen ersetzt, auf dem gespielt werden konnte, und durch ein Wasserbecken, in dem man auch baden durfte. Ausserdem wurde ein Musikpavillon errichtet. Das neue Konzept kam an. Die Bäckeranlage wurde für die Anwohner*innen zu einer Oase im damals sonst doch eher grauen Kreis 4.

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Die Bäckeranlage auf Instagram

1943, fünf Jahre nach Erneuerung des Parks, erhielt die Bäckeranlage ein weiteres Highlight. Der Winterthurer Bildhauer Rudolph Wening erschuf für die Anlage drei Zebra-Plastiken aus Bronze. Wenings «Zebragruppe» – noch heute oft „Rössli“ genannt - gehört seit ihrer Entstehung zu einem der beliebtesten Fotomotive im Quartier. Nur wenig wissen jedoch, dass Rudolf Wening - der Schaffer der Plastik - jahrelang Hofbildhauer einer Königsfamilie war.

Es sind keine Pferde, sondern exotische Zebras.

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Von 1919 bis 1922 reist Wening durch die heutigen Gebiete Thailands und durch Indonesien. Er studiert die tropische Flora und Fauna und gestaltet ausserdem zahlreiche Plastiken, die vor allem die exotische Tierwelt zum Vorbild haben. Wenings Talent scheint sich rumzusprechen, und so wird er 1923 Hofbildhauer des Königs von Siam, dem heutigem Thailand. Bis 1929 arbeitet Wening für König Vajiravudh und später für den Prinzen Damrong. In dieser Zeit fertigt er zahlreiche Büsten und Porträts der Königsfamilie an und unternimmt unzählige Reisen in die Dschungel und die Wälder der Region.

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Die Zeit in Südostasien prägen Wening und seine Kunst. Und so ist es kein Zufall, dass er nach seiner Rückkehr nach Zürich mit seiner Kunst vor allem exotische Tiere zum Leben erweckt – Bären, Kraniche, Löwen. Zu seinen bekanntesten Werken gehören neben den «Rössli» in der Bäckeranlage auch der Sumatra-Tiger vor dem Eingang des Zürcher Zoos.

Adresse

Bäckeranlage
Hohlstrasse 67
8004 Zürich