Endstation | Stadt & Geschichte

Endstation Bahnhof Affoltern – wo die Jungen wohnen

Text & Fotos: Ueli Abt

Die alte Bahnstation in Affoltern bei der Endstation der Buslinie 37 hat ausgedient und erinnert an das dörfliche Affoltern von einst. Doch abends erwacht das Häuschen zu neuem Leben. Grundsätzlich ist Affoltern aber ein Wohngebiet – die Mehrheit der Einwohner:innen ist zwischen 20 und 40 Jahre alt. 

Ein schmuckes Häuschen ist der alte Bahnhof Affoltern. Doch es steht verlassen und scheinbar nutzlos da an einem sonnigen Sommertag. Als Bahnstation hat es jedenfalls ausgedient, denn 1997 entstand die neue S-Bahn-Haltestelle mit Doppelgleis und nach heutigem Standard, ein paar Dutzend Meter östlich der Zehntenhausstrasse.

Das vormalige Bahnhöfchen alter Schule, mit Bahnhofvorstandswohnung im Obergeschoss, wirkt zunächst wie ein eigentlicher Lost Place. Doch für das gelbe Häuschen von 1877 hat ein zweites Leben begonnen, wie weiter unten zu lesen ist.

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An der neuen S-Bahn-Station halten auch die Busse der Linie 37. Eine Wendeschlaufe, so wie sie die VBZ anderswo eigens bauten, gibt es und braucht es hier nicht: Die ankommenden VBZ-Fahrzeuge biegen nach links auf die Riedenhaldenstrasse am Bahnhof ein und setzen später mit einem erneuten Linksschwenk einfach via Zehntenhausstrasse ihren Weg fort, zurück in Richtung Hönggerberg.

Die Linie 37 gehört zu den kurzen Verbindungen im Stadtnetz, die von den einen zu den anderen peripheren Orten führen und so helfen, ansonsten umständliche Fahrten mit anderen Linien zu umgehen.

26’000

Menschen leben in Zürich Affoltern – und es werden immer mehr. 

Zürich-Affoltern gehört zu Zürich Nord. Hier wuchs dank städtisch gefördertem sozialem Wohnungsbau die Bevölkerung markant. Nach Angaben der VBZ blieben es zwischen 1970 und 2006 rund 18’000 Einwohner:innen. Ab 2007 kletterte die Bevölkerungszahl stetig nach oben und erreichte bis Ende 2022 über 26’000. 2035 werden laut Prognosen 31’000 Menschen in Affoltern leben. Schon jetzt ist demnach eine Mehrheit zwischen 20 und 40 Jahre alt – eine direkte Verbindung zur ETH Hönggerberg ergibt also auf alle Fälle Sinn.

Richtig urban kommt das Gebiet rund um die S-Bahn-Station bislang noch nicht daher.

Wenn auch von den Zahlen her Affoltern für sich eine stattliche Stadt hergeben würde – richtig urban kommt das Gebiet rund um die S-Bahn-Station bislang noch nicht daher. Mit etwas gutem Willen des Betrachters mag es aber durchaus als kleines, halbstädtisches Zentrum am nördlichen Stadtrand durchgehen. Das Einkaufszentrum mit Supermarkt, Migros-Restaurant und Kebab-Bar mag etwas austauschbar wirken, doch immerhin hat damit das Gebiet eine Art modernen Dorfkern. Und ja, Besucher:innen wähnen sich in Affoltern doch eher in einem Dorf. Wenige Schritte von diesem Zentrum entfernt erinnern denn auch historische Bauten an die bäuerliche Vergangenheit von Affoltern.

Das Zehntenhaus dürfte als stadtbürgerlicher Landsitz im 17. Jahrhundert erbaut worden sein.

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Zum Beispiel das wuchtige Zehntenhaus gegenüber, das heute im Besitz der Stadt ist. Eine alte Fassadenbemalung am Haus besagt, dass der Bau früher auch einmal eine Maschinenfabrik war. Wie das Gebäude zu seinem Namen kam, bleibt bis heute unklar. Fest steht, dass es in Affoltern rund 100 Meter davon entfernt eine Scheune gab, in welcher Abgaben für das Kloster Wettingen gelagert wurden. Der Begriff Zehnt bezeichnet eine rund zehnprozentige Steuer in Form von Geld oder Naturalien an eine geistliche oder eine weltliche Institution. Eine solche Abgabe war schon im Altertum bekannt und bis in die Frühe Neuzeit üblich.

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Nach aktuellem Wissensstand dürfte das Zehntenhaus als stadtbürgerlicher Landsitz im 17. Jahrhundert erbaut worden sein. Im Verlauf der Jahrzehnte und Jahrhunderte diente es als landwirtschaftliches Mehrzweckgebäude der bäuerlichen Oberschicht, als Mietshaus mit Ladenlokal und wurde zudem vom Gewerbe genutzt. Heute ist es sanierungsbedürftig. Der Umbau soll nach Angaben der Stadt bis im vierten Quartal 2026 abgeschlossen und das Haus dann bezugsbereit sein. Mit der geplanten Nutzung als Quartiertreff wird das Haus Raum für Kultur und Soziokultur bieten.

Ein Verein betreibt den Kulturbahnhof seit 2006 als Veranstaltungsort und Bar.

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Und um Kultur geht es auch schon heute im alten Bahnhofsgebäude: Als Kulturbahnhof KuBaA erwacht er abends zu neuem Leben. Ein Verein betreibt den Kulturbahnhof seit 2006 als Veranstaltungsort und Bar. Unter dem Dach gibt es ein Tonstudio, im Untergeschoss einen Konzertraum. Regelmässig können Interessierte gemeinsam trommeln, es gibt Dance Partys, Konzerte, ein Streichquartier spielt an einem Abend Musik aus bekannten Computergames. Auch wenn es also auf den ersten Blick nicht so wirkt: Das Bahnhofhäuschen steht dank dieser neuen Nutzung nicht auf dem Abstellgleis.

Adresse

Bahnhof Affoltern
8046 Zürich

Infos

Der 37er-Bus verkehrt ganztägig zwischen Bahnhof Affoltern und ETH Hönggerberg. Für diese Strecke benötigt der Bus ungefähr 7 Minuten. Zum Fahrplan gehts hier.