Endstation | Stadt & Geschichte

Endstation Rütihof: mit dem 46er zur Satellitenstadt

Text & Fotos: Ueli Abt

Der Bus der Linie 46 bringt Passagiere vom Hauptbahnhof nach Zürich-Höngg. An der Endstation Rütihof kommt Ferienstimmung auf.

Es gibt Buslinien, die führen vom einen beliebigen Ort an der Peripherie zum anderen. Und es gibt Linien, die bringen Passagiere radial aus dem Innersten der Stadt bis hinaus zu den Wiesen und zum Waldrand. Die Linie 46 gehört zu dieser zweiten Sorte. Beim Central machen die Busse die Wende und biegen auf den Bahnhofplatz gleich neben dem HB ein – einen zentraleren Startpunkt gibt es in der Stadt Zürich nicht. Am anderen Ende der Strecke liegt der Rütihof.

Die abfallende Strasse lässt eine Sekunde lang an die Toskana denken.

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Auf der Zielgeraden vor der Endstation mit der annähernd dreieckigen Wendeschlaufe fährt der 46er mitten durchs Wohnquartier. Mehrfamilienhäuser hüben wie drüben, Krippen und eine kleine Coop-Filiale gibts dazu sowie ein Café mit Terrasse gleich neben der Bushaltestelle.

Von der Endstation sind es auf dem leicht abschüssigen Strässchen nur ein paar Schritte, bis man die Häuser hinter sich gelassen hat und auf Wald und Felder blickt. Weit geht der Blick hinunter ins Limmattal. Beigegelb ist schon der Weizen, und die abfallende Strasse, deren Verlauf sich nicht gross ums Gefälle schert, lässt eine Sekunde lang an die Toskana denken.

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Überhaupt, irgendwie kommt ein wenig Ferienstimmung auf im Rütihof mit seinem entspannt-erholsamen Charme. Was die subtile Italianità des Ortes ausmacht, lässt sich auf Anhieb nicht so klar benennen. Doch als Neuling im Quartier wundert man sich nicht über die Kunst-am-Bau-Inschriften in der ASIG-Baugenossenschafts-Wohnsiedlung: Nebst Deutsch ist Italienisch die zweite Sprache, für welche sich Wortkünstler Jürg Schubiger entschieden hat.

Grün und naturnah geht eben auch in einer gemeinschaftlichen und verdichteten Wohnumgebung.

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Rund um die Mehrfamilienhäuser betritt man eine Umgebung, die man zunächst eher in Einfamilienhausquartieren vermutet hätte: Einen Gemüsegarten gibt es hier, Biodiversitätsbrachen oder auch einen Abenteuerspielplatz, wo Kinder in Begleitung von Erwachsenen ihre eigene mehrstöckige Holzhütte bauen können. Damit macht es der Rütihof vor: Grün und naturnah geht eben auch in einer gemeinschaftlichen und verdichteten Wohnumgebung.

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Dank eines Landabtauschs mit der Migros kommt die Stadt Zürich in den Besitz von Landwirtschaftsland im Gebiet Rütihof.

Im Gebiet Rütihof gab es bis vor wenigen Jahrzehnten nur ein paar Bauernhäuser. Im Jahr 1280, also im Spätmittelalter, wird der Weiler Rütihof erstmals erwähnt, weiss der Höngger Quartierverein. Im Jahr 1828 sind erst sieben Häuser bezeugt. Klar, einer davon ist der Rütihof. «Rüti» leitet sich übrigens von «Reute» ab – dieser Begriff deutet gemäss Namenskundigen auf die einstmalige Waldrodung hin.

Bis Ende der 1970er-Jahre bleibt der Rütihof ein kleiner Weiler weit ausserhalb des Zentrums von Höngg. Dank eines Landabtauschs mit der Migros kommt die Stadt Zürich in den Besitz von Landwirtschaftsland im Gebiet Rütihof. Wie die Quartierzeitung «Höngger» erklärt, will damals die Migros an der Pfingstweidstrasse das Migros-Hochhaus mit der Verteilzentrale bauen. Das Grundstück gehört zu dieser Zeit noch der Stadt. Diese verlangt im Tausch ein dreimal so grosses Grundstück in der Peripherie. Die Migros kauft daraufhin im Rütihof den Hof Hubacher und ein weiteres Grundstück und tritt das Land im Tausch an die Stadt ab.

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Zuvor, in den 1960er-Jahren, hatte der Zürcher Gemeinderat die Umzonung des Landwirtschaftslandes in Bauland beschlossen. Günstiger Wohnraum soll nach dem Willen der Stadt hier entstehen. Und diesen stellen diverse Wohnbaugenossenschaften – so etwa ABZ, ASIG, LBG oder die Baugenossenschaft Sonnengarten – Jahre später dann auch zur Verfügung.

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Laut dem «Höngger» wollen die Planer:innen das Gebiet zunächst mit einem Ringstrassensystem erschliessen. Dabei hätte die Geeringstrasse das Gebiet durchschnitten. Dagegen wehren sich Anwohner:innen vehement. Sie einigen sich mit den Planer:innen auf ein sogenanntes Stichstrassensystem: Die Rütihofstrasse, die Geeringstrasse und die Strasse Im oberen Boden werden zu Sackgassen mit Wendeplätzen.

... dann zeigt sich der Rütihof von seiner südländischen Seite.

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Allerdings verstreichen durch den reichlich komplizierten Prozess der Landverteilung Jahre. Bis die diversen Überbauungen fertig gebaut sind, vergeht viel Zeit: Der Rütihof 1 der Genossenschaft ABZ, erkennbar an seiner charakteristischen Hufeisenform, ist 1984 bezugsbereit. 1990 wird der Rüthof 2 fertig, die ASIG-Überbauung 1997. Heute ist der Rütihof zu einem Wohnquartier mit mehreren Tausend Einwohner:innen geworden, eine Primarschule mit Kindergarten gibt es übrigens auch. Doch kein Idyll ist perfekt: Mehr Angebote für Jugendliche und mehr Läden bräuchte es in der Satellitenstadt, sagen Anwohner:innen gegenüber Lokaljournalist:innen.

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Die Stichstrasse mit ihren Trottoirs mag denn auch noch nicht ganz exakt ein Corso nach italienischem Vorbild sein, sinniert der Besucher kurz vor der Rückreise mit dem 46er, der ihn zurück ins Zentrum von Zürich bringen wird. Doch wenn die Rütihof-Bewohner:innen hier gemeinsam Hochbeete bepflanzen und überhaupt etwas mehr miteinander als nebeneinander leben, als es sonst Nachbarn tun im Deutschschweizer Durchschnitt, dann zeigt sich damit der Rütihof von seiner südländischen Seite.

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Adresse

Rütihof
8049 Zürich

Infos

Der 46er-Bus verkehrt ganztägig zwischen dem Hauptbahnhof und Rütihof. Für diese Strecke benötigt der Bus ungefähr 24 Minuten. Zum Fahrplan gehts hier.