Fein & Dein

Alte Möbel und Gebrauchsgegenstände haben eine Geschichte zu erzählen. Der Innenarchitekt und Schreiner Ayal Haneman bringt sie zum Reden.

In seinem Laden Fein & Dein im Kreis 3 verkauft Ayal Haneman selbst restaurierte Möbel, aber auch Gläser, Vasen, Geschirr, Kunstobjekte und vieles mehr, das er auf seinen Streifzügen entdeckt. «Die Gegenstände, die ich finde», so Haneman, «waren mal Teil des Alltags. Ich will, dass sie wieder dazugehören.» Auf den perfekten Tisch gehören für Ayal aber auch hochwertige Lebensmittel. Seit Jahren importiert er Feinkost aus seiner Heimat Israel.

Als ich an diesem kühlen Morgen Ayal Hanemans Laden an der Sihlfeldstrasse betrete, sage ich fröstelnd: «Du musst Israel ganz schön vermissen.» Ayal schaut hinaus in den Regen und lächelt. Nein, erwidert er, er habe sich Zürich ja ganz bewusst ausgesucht. Die Stadt passe zu ihm. Er passe zu ihr.

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Seit neun Jahren lebt er in Zürich, seit 2014 führt er zusammen mit seiner Frau Judith den Laden Fein & Dein im Kreis 3. Das Viertel hat sich in den letzten Jahren verändert. Seit es weniger Durchgangsverkehr gibt, hat sich das Leben – zumindest in der warmen Jahreszeit – mehr nach draussen verlagert, so wie Ayal das aus Israel kennt. Cafés, Restaurants, Bars mit kleinen Terrassen sind entstanden.

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Um Werbung zu machen, hat er damals ein puppenstubengrosses Holzchalet gebaut, das er auf einem Fahrradanhänger installierte.

Fein & Dein hat als Pop-up-Store neben dem Café Piazza auf dem quirligen Idaplatz begonnen. Dort hat Ayal sein Ladenkonzept getestet. Um Werbung für den Shop zu machen, hat er damals ein puppenstubengrosses Holzchalet gebaut, das er auf einem Fahrradanhänger installierte. Das Chalet hat er an verschiedenen Stellen im Viertel abgestellt. Kinder haben damit gespielt, Erwachsene sind neugierig geworden. Rasch wurden zuerst das Holzhaus, dann der Pop-up-Store zu dem Gesprächsthema in der Nachbarschaft. Da war Ayal klar, dass er eine Dauereinrichtung aus der Idee machen musste.

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Von Anfang an wollte Ayal nicht nur restaurierte Möbel und Gebrauchsgegenstände anbieten, sondern auch Feinkost aus dem Nahen Osten. Seit Generationen baut seine Familie unter der Sonne Galiläas Oliven an. Aber Ayal importiert nicht nur Oliven und Olivenöl, sondern auch Dattelhonig aus dem Jordantal, Tahini aus Nazareth und verschiedene Salze aus dem Toten Meer. Die Produkte haben solchen Erfolg, dass Ayal und seine Frau ab März auch Kochkurse anbieten werden. «Da steckt so viel drin. Wir wollen zeigen, was man mit unseren Sachen alles machen kann.» Immer wieder frage er Kunden, ob sie denn wüssten, was man zum Beispiel mit der Sesampaste zaubern könne, und merke, dass viele das Tahini einfach so, wie es ist, aufs Fladenbrot streichen. «Nein», sagt Ayal und schüttelt lächelnd den Kopf, «du musst die Paste mit Wasser, Knoblauch, Zitronensaft und Paprika mischen. Mhm ...»

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Wer künftig einen Kochkurs bei Ayal bucht, wird auch in den Genuss kommen, seine selbst entworfene Küche kennenzulernen. Sie ist aus Holz und ganz rund. Integriert sind ein Herd, ein Backofen, eine Spüle, ja sogar eine Dunstabzugshaube. Aber im Gegensatz zu den allermeisten Küchen muss man hier seinen Gästen nicht den Rücken zuwenden, wenn man etwas zubereitet. Nein, Ayals Küche steht mitten im Raum und lädt dazu ein, mitzumachen.

«Jeder Besitzer lässt ein bisschen Seele in den Möbeln. Und ich will diese Seele sichtbar machen.»

Inspiriert hat ihn ein altes Küchenmöbel aus den Vierzigerjahren – kompakt, praktisch und doch ein echter Hingucker. Ayal zeigt mir das Küchenbuffet, das er aufwendig restauriert und mintfarben lackiert hat. «Weisst du», sagt er leise und streicht mit der Hand über das glatte Holz der Arbeitsfläche, «das Buffet hat bei einer Frau in der Küche gestanden, sie hat jeden Tag viele Stunden hier verbracht und Essen zubereitet für ihre Familie.»

Plötzlich erfüllt ein etwas schnulziges Chanson die Stille im Laden – Mike Brant, israelischer Star der Siebzigerjahre, haucht «Laisse moi t’aimer». Die Musik ertönt aus einem Plattenspieler, der in ein Möbel aus den stylischen Sixties eingebaut ist. Ein anderes altes Holzradio aus den Fünfzigerjahren hat Ayal in eine kleine Bar umfunktioniert. Passende Gläser und Karaffen gibt’s natürlich auch. Fehlt nur der Cinzano mit Eis und Zitrone. «Jeder Besitzer lässt ein bisschen Seele in den Möbeln», sagt Ayal und wippt mit dem Fuss den Takt mit, «und ich will diese Seele sichtbar machen. Die Gegenstände haben, bevor sie zu mir kommen, oft lange unbeachtet im Keller oder auf dem Dachboden gestanden, jetzt sollen sie wieder Teil des Lebens werden.»

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Fällt es ihm schwer, von den Möbeln, die er entdeckt und restauriert hat, Abschied zu nehmen, wenn er sie verkauft? Nein, sagt Ayal und sieht sich in seinem Laden um. «Ich verbringe viel Zeit mit ihnen, in der Werkstatt und dann hier, aber wenn sie dann einen neuen Besitzer finden, ist unsere gemeinsame Zeit vorbei.»

Adresse

Fein & Dein
Sihlfeldstrasse 57
8003 Zürich
+41 76 605 61 25
Mail
Website

Öffnungszeiten

Mittwoch bis Freitag, 16–19 Uhr
Und nach Vereinbarung

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