Sprössling

Veganismus ist ja so schwierig! – Blödsinn, findet Yasi Gnädinger. Und eröffnete neben ihrer Bäckerei spontan ein pflanzliches Café.

Als ihre Bäckerei einen Gipfel vegan machte, wurde dieser zu einem Kundenliebling. Würde ein komplett pflanzliches Café wohl auch so erfolgreich sein? Yasi Gnädinger probierte es aus: Gegenüber der traditionellen Bäckerei Gnädinger eröffnete sie den Sprössling, wo es von Latte Macchiato über Donuts bis hin zu Burgern alles gibt – aber vegan.

Cremeschnitte. Eiersandwich. Glaubt man der Zürcher Vegan-Community, hat der Sprössling zwei Wunder geschaffen. Das vegane Café am Schaffhauserplatz gibt es seit September 2019 – und die Pflanzenfresser hypen es schon ordentlich. Entsprechend gut besucht ist das hellgrün dekorierte Lokal zu allen denkbaren Tageszeiten. Neben Veganerinnen und Veganern, die extra dorthin pilgern, setzen sich auch immer wieder Leute an die Holztische, die einfach bloss einen Kaffee trinken und einen Donut essen wollen. Wenn alles gut geht, werden sie nicht mal merken, dass sie in einem pflanzlichen Café gelandet sind.

Die Pflanzenfresser hypen das Lokal schon ordentlich.

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«Erst dann, wenn das Produkt richtig fein ist und niemand den Unterschied schmeckt, ist es ein gutes Produkt», sagt Yasi Gnädinger bestimmt. Die Co-Geschäftsleiterin war wenig sensibilisiert auf vegane Themen, bevor sie das pflanzliche Café eröffnete. Angefangen hat die Idee nämlich mit ihren Kundinnen und Kunden. Seit 15 Jahren arbeitet Yasi in der Bäckerei Gnädinger am Schaffhauserplatz. Dort ist sie Teil der Geschäftsleitung. «Aber viel lieber arbeite ich an der Front, wo ich mit den Kunden zu tun habe. Ihnen zuzuhören, ist mein täglich Brot.»

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«Wir sind nicht dazu da, Leute zu erziehen», stellt Yasi klar.

Und Yasi hörte sehr genau zu: Immer wieder kamen Leute, die freundlich nach veganen Gipfeli fragten. Eine junge Frau mailte ihr sogar eine Liste, welche tierischen Zutaten durch pflanzliche ersetzt werden können. «Also schickte ich dem Chef-Beck diese Liste», erinnert sich Yasi, «und bat ihn, zu versuchen, unseren Parisergipfel vegan hinzukriegen. Der neue Gipfel war dann sogar besser als der alte!» Plötzlich hatte die Gnädinger-Bäckerei viel mehr Veganer im Haus. Nach und nach machte man vereinzelte Produkte vegan, hier eine Zimtschnecke, dort eine Dampfnudel. «Der Geschmack verändert sich nicht oder wird besser. Bis heute hat das kaum ein Kunde negativ bemerkt», schildert Yasi.

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«Erst dann, wenn niemand den Unterschied schmeckt, ist es ein gutes Produkt.»

Süsse Leckereien vegan zu machen: Ist das nicht elend schwierig? «Ich würde lügen, wenn ich Ja sagen würde», antwortet Yasi entspannt. «Meistens fällt es unseren Bäckern und Konditorinnen leicht.» So wurde die etablierte Traditionsbäckerei Gnädinger mit einzelnen Produkten vegan-freundlich. Als die Starbucks-Filiale auf der gegenüberliegenden Strassenseite ihre Tore schloss, wagte Yasi den Sprung: Es sollte etwas Neues entstehen, ein Café, wo es vegane Getränke, Mahlzeiten und Süssgebäck gibt. Weil dieses Projekt eine Art Spross, also gewissermassen das Kind der Gnädinger-Bäckerei war, einigte man sich auf den Namen Sprössling. Die Wände des neuen Lokals zieren denn auch Bilder von Pflänzchen. Kleine Birken-Stämme trennen die Theke vom einen Essbereich.

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Kein Wunder, merken viele Kunden nicht, dass der Sprössling vegan ist: Vom Donut übers Müesli bis hin zu ganzen Burger-Mahlzeiten klingt alles wie gehabt. Nur bei der Milch macht das Café eine Ausnahme: Neben Pflanzenmilch gibt’s den Kaffee auf Wunsch auch mit Kuhmilch. «Wir sind nicht dazu da, Leute zu erziehen», stellt Yasi klar, «aber es ist schön, von nichtveganen Menschen zu hören, dass es fein ist im Sprössling. Die Veganer hingegen», und jetzt lacht sie, «sind erstaunlich einfach zufriedenzustellen.»

Kein Wunder, merken viele Kunden nicht, dass der Sprössling vegan ist.

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Neues auszuprobieren war schon immer eine Stärke von Yasi Gnädinger. Einerseits in der Bäckerei selbst, anderseits auf ihrem Werdegang. In der Geschäftsführung einer Bäckerei zu landen, war nicht die Absicht, «auch wenn ich immer gern als Nebenjob in der Gastro gearbeitet habe». Als die Glarnerin dann in Zürich als Lehrerin tätig war, trank sie oft kurz einen Kaffee in der Bäckerei am Schaffhauserplatz. Einer, der dort arbeitete, gefiel ihr besonders gut. «Es ging recht lange, bis er den Mut fand, mich anzusprechen», erzählt sie. Das ist über 15 Jahre her. Heute teilt das Ehepaar sich die Geschäftsleitung und die Arbeit zu Hause gleichmässig auf. «Die Tochter ist Vegetarierin und geht gern in den Sprössling. Unser Sohn ist lieber im Gnädinger.» Gewohnt wird aber nicht in Zürich, sondern in Glarus.

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Yasi ist nicht vegan, aber vegetarisch. Ihr Sprössling-Favorit ist der Bohnenburger: «Ich verstehe nicht, warum den niemand zehnmal pro Tag isst. Und nichts geht über die Dampfnudeln mit Vanillesauce!» Derweil feiert die vegane Community noch immer das Eiersandwich und die Cremeschnitte. Der Geschäftsführerin ist’s recht: «Es ist eben wirklich ein Sprössling. Ein bisschen ist das Café mein Baby», sagt sie und fasst sich ans Herz.

Adresse

Sprössling
Hotzestrasse 65
8006 Zürich
+41 44 534 62 99
Website

Öffnungszeiten

Montag bis Freitag, 7–20 Uhr
Samstag, 8–18 Uhr

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