Zirkuss

«Die Kleinen sollen an Mode genauso viel Freude haben können wie wir Grossen», sagt Patrizia Jaeger. Sie merkte bereits als junge Mutter: Andere Eltern denken gleich. Doch in der Schweiz hübsche – und nachhaltige – Kinderkleider zu finden, war schwierig. Patrizia und zwei ihrer Freundinnen bestellten deshalb häufig im Internet oder brachten Pullis & Co. von Auslandsreisen mit. Das war aufwendig – und teuer.

Deshalb fragten sich die drei Freundinnen: Was, wenn sie ihre fairen Lieblingsbrands selbst in der Schweiz anbieten würden? Die Frauen beschlossen, einen eigenen Onlineshop aufzuziehen. Ergänzend wollten sie mit einem umgebauten Zirkuswagen – daher der Namen «Zirkuss» – die Kindermode an wechselnden Standorten verkaufen. Doch die Gesetzeslage verunmöglichte letztere Idee.

Die Frauen setzten deshalb auf Pop-up-Shops. Die temporären Läden wurden vier Mal jährlich in Galerien, Möbelhäusern und anderen Orten eingerichtet. «Dadurch erreichten wir die unterschiedlichsten Leute», erzählt Patrizia. Sie und ihre Kolleginnen waren vom Pop-up-Konzept überzeugt. «2011 war das auch noch sehr frisch und aufregend», ergänzt sie. Doch der Aufwand war beträchtlich.

Als 2014 am Neumarkt ein Ladenlokal frei wurde, bewarben sich Patrizia und Lucia Marchettini darum. Die dritte Zirkuss-Gründerin stieg zu diesem Zeitpunkt aus. «Lucia und ich setzten uns gegen 200 Bewerber durch», erzählt Patrizia. Sie schwärmt von der Lage am Neumarkt: ein familienreiches Quartier, das aber auch Bummler*innen und Tourist*innen anzieht. Ausserdem ist der Zirkuss gut per Tram, Bus und Auto erreichbar.

Viele Kund*innen reisen nicht nur aus anderen Kreisen, sondern gar aus anderen Städten an. «Wir waren damals einer der ersten Schweizer Kinderläden mit diesem Konzept», erzählt Patrizia. Noch heute kaufen sie und Lucia ausschliesslich nachhaltige, fair produzierte und ausgefallene Kleider ein. «Edgy» umschreibt Patrizia den Stil. Die Labels stammen aus Italien, USA, Frankreich, Skandinavien und neuerdings auch aus Südkorea. Manchmal wird Patrizia von Kund*innen gefragt, weshalb der Zirkuss keine Schweizer Labels führt. «Erstens ist da die Auswahl relativ klein», erklärt Patrizia. «Und zweitens sind die lokalen Brands oft in vielen Läden erhältlich.»

Mit zahlreichen Produzenten pflegen die beiden Frauen langjährige Geschäftsbeziehungen. Sie kaufen häufig nur eine geringe Stückzahl ein. So ist die Auswahl im Zirkus zwar breit, aber exklusiv. «Wenn wir ein Outfit auf Instagram posten, dann muss man rasch in den Laden kommen», erzählt Patrizia. Sonst könne es gut sein, dass das Gewünschte bereits weg sei. Lucia und Patrizia wählen das Sortiment von Zirkuss so sorgfältig und gekonnt aus, dass ihr Onlineshop Kundschaft aus der ganzen Welt anzieht. «Wir liefern aber nichts in das Ursprungsland zurück», erklärt Patrizia, «denn das wäre ökologischer Blödsinn.»

Patrizia und Lucia beschäftigen eine feste Angestellte, sind aber auch selbst jeden Tag ein paar Stunden im Laden. «Ich bin immer wieder erstaunt, wie erhellend der Kundenkontakt für mich ist», erzählt Patrizia. In den Zirkuss-Jahren hat sie viele Kinder aufwachsen sehen. Einige kommen als Teenager später alleine in den Laden, um sich Kleider zu kaufen.

Auch Lucias und Patrizias Nachwuchs ist mittlerweile gross geworden. Er war ursprünglich einer der Gründe, weshalb die Frauen den Laden eröffneten. Noch haben Patrizia und Lucia Spass an der Kindermode. Sie bauten das Sortiment aber immer weiter aus.